Waffenruhe im Jemen läuft ohne Verlängerung aus

Keine größeren Militäreinsätze und weniger zivile Opfer - das waren einige Erfolge der monatelangen Waffenruhe im Jemen. Verlängert wird diese jetzt aber nicht mehr, und im Land droht eine neue Runde der Gewalt. Hilfsorganisationen sprechen von «schrecklichen Nachrichten».



Sanaa. Die Waffenruhe im Jemen ist ein halbes Jahr nach ihrem Beginn ohne erneute Verlängerung ausgelaufen. Verhandlungen darüber seien vorerst gescheitert, teilte der UN-Sonderbeauftragte für den Jemen, Hans Grundberg, am Sonntagabend mit. Das Scheitern der Gespräche sei enttäuschend. Die Hilfsorganisation Oxfam sprach von «schrecklichen Nachrichten» für die Menschen im Land, wo seit Jahren ein Bürgerkrieg tobt mit inzwischen Zehntausenden Toten.



«Ich werde meine unablässigen Bemühungen fortsetzen, mit den Parteien auf eine rasche Einigung über den Weg vorwärts hinzuarbeiten», teilte Grundberg nach Ablauf der Waffenruhe mit. Noch am Abend gab es teils Berichte über Gefechte in mehreren Provinzen. Berichte über Verstöße gegen die Feuerpause hatte es in vergangenen Monaten allerdings immer wieder gegeben. Die EU zeigte sich in einer Stellungnahme enttäuscht, dass keine Lösung gefunden wurde.



Im Jemen kämpft ein von Saudi-Arabien geführtes Militärbündnis auf Seite der Regierung gegen die Huthi-Rebellen. Saudi-Arabien sieht in ihnen einen verlängerten Arm seines Erzfeindes Iran. Die Waffenruhe trat Anfang April für zunächst zwei Monate in Kraft und wurde seitdem zweimal verlängert. Damit ging die Gewalt zurück und es gab weniger zivile Opfer. Nach UN-Angaben gab es keine Luftangriffe, größere Militäreinsätze oder Angriffe aus dem Jemen nach Saudi-Arabien.



Die Organisation Care sprach von einer «extrem traurigen» Entwicklung für die Bevölkerung und humanitäre Helfer. Der Norwegische Flüchtlingsrat (NRC) nannte die Nachricht «zutiefst enttäuschend». Oxfam teilte mit: «Millionen sind jetzt gefährdet, wenn Bombardements, Beschuss am Boden und Raketenangriffe weitergehen.»



Grundberg hatte versucht, diesmal eine Verlängerung um sechs statt nur zwei Monate zu erreichen und diese an zusätzliche Bedingungen zu knüpfen. Unter anderem geht es um die Öffnung wichtiger Straßen in Taiz im Südwesten, um Mittel zur militärischen Deeskalation und um die Freilassung von Gefangenen. Die Hoffnung war auch, die Feuerpause in einen dauerhaften Waffenstillstand zu verwandeln.



In der Provinz Marib kam es zu neuen Gefechten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Militärkreisen. In Dali hätten die Huthis Stellungen der Regierung mit Artillerie angegriffen. Die Rebellen hatten Vorschläge über eine Verlängerung der Waffenruhe am Sonntag abgelehnt, weil diese «keinen Friedensprozess» einleiteten. Die Regierung hatte am Samstag erklärt, den Vorschlag erhalten zu haben und diesen «positiv behandeln» zu wollen.



Schon vor Wochen hatte die Gewalt im Land teils zugenommen. Die gescheiterten Versuche, einen dauerhaften Waffenstillstand zu erreichen, seien möglicherweise «nur eine Vorspiel zu einer brutalen neuen Runde militärischer Konfrontation», schrieb Experte Ahmed Nagi vom Thinktank Carnegie schon im August.



Die Rebellen drohten, auch Öl-Infrastruktur im benachbarten Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten anzugreifen. Die dort angesiedelten Öl-Unternehmen hätten jetzt die Chance, diese Länder zu verlassen, teilte Huthi-Militärsprecher Jahja Sari mit. Die Rebellen haben in Saudi-Arabien zuvor immer wieder mit Drohnen und Raketen angegriffen. Im Februar griffen sie eine Öl-Anlage in der emiratischen Hauptstadt Abu Dhabi an. (dpa)