Vor 30 Jahren starb Irans Revolutionsführer Ayatollah Khomeini

Er war der Alptraum des Westens und das Vorbild des aufflammenden Islamismus. Ayatollah Khomeini verwandelte den Iran in einen rigiden Gottesstaat und prägt die Schlüsselmacht noch Jahrzehnte nach seinem Tod.

Am 1. Februar 1979 blickte die Welt auf einen finsteren Greis, der am Teheraner Flughafen in Sandalen die Gangway einer Air France-Maschine herabstieg. Der Schah war geflohen, die iranische Revolution erwartete ihren Führer. Die Fahrt des Ayatollah Ruhollah Khomeini wurde zum Triumphzug in die Epoche des politischen Islam. Millionen verzückte Verlierer aus den Slums Süd-Teherans, aber auch Studenten und Mittelschichtler jubelten ihm zu. Als der Mann mit dem schwarzen Turban, Zeichen der Abkömmlinge des Propheten, vor 30 Jahren, am 3. Juni 1989, starb, hatten Mullahs und Revolutionsgarden die iranische Gesellschaft fester denn je im Griff.

Wie ein Gespenst aus dem Mittelalter, das geradewegs aus einer Boeing 747 trat, so wirkte dieser schiitische Rechtsgelehrte auf den Westen. Seine Anhänger riefen "Tod den USA" und "Tod Israel" und besetzten unter Verletzung aller Regeln des Völkerrechts die amerikanische Botschaft. Ein Jahrhundert war das iranische Erdöl der Gier Großbritanniens und der Vereinigten Staaten unterworfen. Jahrzehntelang hatte Washington die brutale Kleptokratie des Schah Reza Pahlawi als Garant gegen den Kommunismus gestützt.  

Nun bot Khomeini den Habenichtsen islamischen Fundamentalismus als Heilsbringer. In den 14 Jahren seines Exils, die letzten Monate in Frankreich, hatte der schlohbärtige Charismatiker die betrogenen Massen berauscht. Sein Konzept einer "Islamischen Republik" und einer "Herrschaft der Rechtsgelehrten" war neu. "In dieser Staatsform gehört die Souveränität einzig und allein Gott", erklärte der Revolutionsführer. "Das Gesetz ist nichts anderes als der Befehl Gottes." Bis zur Wiederkehr des von den Schiiten erwarteten zwölften Imams sollte die Scharia für Gerechtigkeit sorgen. Menschenrechte außen vor.

Viele aus dem westlich orientierten Bürgertum flohen, andere tauschten bereitwillig den Lippenstift gegen den Tschador - oder die Prügel der Revolutionswächter zwangen sie dazu. Tausende Gegner wurden in den ersten Jahren des Regimes hingerichtet. Nie zuvor hatte ein islamischer Machthaber die Religion so unbarmherzig zum Dreh- und Angelpunkt eines modernen Staates erklärt und derart gegen die Interessen des Westens und seiner Schutzmacht verstoßen. Der Hass auf die USA und ihren wichtigsten regionalen Verbündeten, das zionistische Israel, wurde neben dem Koranglauben zur zweiten Staatsdoktrin des Iran.

Und die islamische Revolution zum Exportschlager. Im Libanon gründete Teheran die schiitische "Hisbollah", die Partei Gottes, als Speerspitze gegen Israel. Bis heute hängen Khomeini-Porträts in ihren Beiruter Büros. Auch sunnitische Gesellschaften waren elektrisiert von der Umwälzung im Iran, obwohl beide Konfessionen sich so nahe stehen wie Katholiken und Protestanten im 17. Jahrhundert. Der Aufstieg des islamischen Fundamentalismus in Afghanistan oder in Algerien wäre ohne Khomeini wohl nicht denkbar gewesen.

Ermutigt von den Waffenlieferungen westlicher Staaten, begann der irakische Diktator Saddam Hussein 1980 einen Angriffskrieg gegen den Iran. Fast eine Million Menschen starben in dem achtjährigen Gemetzel. Nicht einmal die Giftgasattacken Saddams riefen offizielle Proteste des Westens hervor. Das machte es Khomeini leicht, dem Volk seinen islamischen Staat als Opfer einer satanischen Welt zu präsentieren und den inneren Terror zu rechtfertigen. Der Waffenstillstand 1988 war seine vielleicht größte Tat. Zehn Monate später blickte der Westen, einmal mehr ratlos, auf die millionenfache Massenhysterie bei Khomeinis Beerdigung.

Der Imam und sein Staatssystem bleiben im Iran allgegenwärtig, obwohl die Herrschaft der Mullahs die soziale Lage der Massen kaum verbesserte. Eine vom Westen unterstützte Bürgerrechtsbewegung scheiterte 2009. Bisher gibt es im Iran nur die Alternative zwischen radikalen und gemäßigten Islamisten. Noch hilft dem religiösen Establishment der wiederaufgeflammte Atomstreit, größere Teile der Bevölkerung hinter sich zu sammeln. Doch die Jugend des Landes sehnt sich nach Freiheit und einer Öffnung des Landes. Der Iran sucht weiter seinen Weg in die Moderne und der Westen weiter seinen Weg mit dem Iran. (KNA)