USA und Iran: Vergeltungsangriff nach Drohnenabschuss kurzfristig abgebrochen

Zuerst trat der US-Präsident nach dem Abschuss einer US-Drohne beschwichtigend auf. Doch ist Trump wirklich um Deeskalation mit dem Iran bemüht? Es sollen schon Flugzeuge für einen Gegenschlag in der Luft gewesen sein.

US-Präsident Donald Trump soll nach dem Abschuss einer US-amerikanischen Aufklärungsdrohne durch den Iran Vergeltungsangriffe zunächst genehmigt, sie dann aber widerrufen haben, schreiben die "New York Times" und die "Washington Post". Erstere beruft sich auf Informationen von mehreren hochrangigen Regierungsbeamten, die entweder an den Diskussionen teilnahmen oder darüber informiert wurden.

Demnach hätten am Donnerstagabend "eine Handvoll iranischer Ziele" wie Radaranlagen oder Raketensysteme attackiert werden sollen. Der Einsatz wurde nach Angabe der Quellen in einem "frühen Stadium" abgesagt. Flugzeuge seien bereits in der Luft und Schiffe in Position gewesen, es sei aber nicht geschossen worden. Weshalb es zu dem Abbruch kam, sei nicht bekannt. Unklar sei außerdem, ob die Aktion lediglich verschoben wurde.

Die "New York Times" berichtet, dass es zunächst heftige Diskussionen im Weißen Haus zwischen dem Präsidenten, seinen höchsten Sicherheitsberatern und Kongressspitzen gegeben habe. Weder das Weiße Haus noch das Pentagon wollten die Angriffspläne auf Nachfrage der "New York Times" kommentieren. Es habe aber keine Bemühungen gegeben, die Veröffentlichung des Artikels zurückzuhalten, hieß es.

Zuvor hatte Trump die Vermutung geäußert, bei dem Abschuss handele es sich um menschliches Versagen. "Ich kann kaum glauben, dass das Absicht war", erklärte der US-Präsident vor Reportern in Washington. Als er nach einer möglichen Antwort der USA gefragt wurde, sagte er lediglich: "Sie werden sehen!"

Gegensätzliche Angaben machen beide Länder darüber, wo der unbemannte Flugkörper vom Typ "Global Hawk" abgeschossen wurde. Der Iran hat nach eigener Darstellung "unwiderlegbare Beweise" für eine Verletzung seines Luftraums durch die US-Drohne. Trump betonte hingegen, es sei "wissenschaftlich dokumentiert", dass die Drohne in internationalem Luftraum unterwegs gewesen sei.

Der iranische Außenminister Jawad Sarif veröffentlichte Koordinaten zum Abschuss, die zwar vor der Küste der Provinz Hormusgan, aber noch über Irans Hoheitsgewässern liegen. Auch twitterte er: "Wir haben die Überreste der US-Drohne in UNSEREN Gewässern geborgen."

Laut einer vom Pentagon veröffentlichten Karte liegt die Absturzstelle hingegen deutlich weiter von der Küste der Islamischen Republik entfernt - nämlich 34 Kilometer. Der Oberkommandierende der US-Luftstreitkräfte in der Region, Generalleutnant Joseph Guastella, sprach von einem "gefährlichen" und "unverantwortlichen" Angriff, durch den "unschuldige Zivilisten in Gefahr" gebracht worden sein könnten.

Derweil untersagte die US-Luftfahrtbehörde Passagiermaschinen des Landes den Überflug über das Gebiet. US-Maschinen dürften bis auf Weiteres nicht den vom Iran kontrollierten Luftraum über dem Persischen Golf und dem Golf von Oman durchqueren, teilte die FAA mit. "Erhöhte militärische Aktivitäten und verschärfte politische Spannungen" könnten kommerzielle Flugzeuge einem Risiko aussetzen. Die Order gilt für alle in den USA angemeldeten Fluggesellschaften. Inzwischen kündigten auch Fluggesellschaften anderer Länder an, das Gebiet oder sogar Teile des iranischen Festlands nicht mehr überfliegen zu wollen.

Der Iran kündigte an, sich bei den Vereinten Nationen über den "aggressiven Drohneneinsatz" der USA zu beschweren. Man wolle zwar keinen militärischen Konflikt im Persischen Golf, würde aber auch "keine Sekunde zögern", seine Grenzen "gegen irrationale amerikanische Übergriffe" zu verteidigen, hieß es aus Teheran.

Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran hatten sich zuletzt deutlich verschärft. So machte Washington die Führung in Teheran kürzlich für den Angriff auf zwei Tanker im Golf von Oman verantwortlich. Der Iran wies die Vorwürfe zurück. Auch der Streit um das iranische Atomprogramm wird seit Wochen immer härter geführt. Trump hatte vor gut einem Jahr den Ausstieg seines Landes aus dem internationalen Atomabkommen verkündet und neue Sanktionen gegen den Iran verhängt. (Reuters/dpa/AFP/AP)