USA kritisieren Bundesregierung für Abschiebung von Terroristen

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat die deutschen Behörden hart für die Abschiebung eines Mitglieds der früheren islamistischen Sauerlandzelle in die Türkei kritisiert. Der kommissarische US-Justizminister Matthew Whitaker erklärte am Mittwochabend (Ortszeit) in ungewöhnlich scharfem Ton, Deutschland habe damit seine vertraglichen Verpflichtungen verletzt und die "Rechtsstaatlichkeit untergraben". Die US-Regierung hatte vergeblich die Auslieferung von Adem Y. beantragt.

Die Bundesregierung wies die Kritik zurück. Bei der Ablehnung einer Auslieferung von Y. an die USA habe es sich um "eine Entscheidung der unabhängigen Justiz" gehandelt, verlautete aus dem Auswärtigen Amt. Sie sei "nach rein rechtsstaatlichen Kriterien" getroffen worden. Eine Sprecherin des Oberlandesgerichts (OLG) in Frankfurt am Main sagte, der Auslieferungsantrag der USA sei abgelehnt worden, um zu vermeiden, dass Y. für ein und dieselbe Tat "doppelt bestraft" werde.

Der türkische Staatsbürger Y. war als Mitglied der Sauerlandgruppe im März 2010 vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Die Gruppe hatte Anschläge auf US-Bürger und US-Einrichtungen in Deutschland geplant. Die Haftzeit von Y. war kürzlich abgelaufen, da ihm seine vorherige Untersuchungshaft angerechnet worden war.

Das Amtsgericht in Frankfurt erließ daraufhin einen Abschiebehaftbefehl gegen Y. mit der Begründung, dass er der dschihadistischen Ideologie bis heute nicht abgeschworen habe und weiterhin eine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland darstelle. Y. war das letzte der vier verurteilten Mitglieder der Sauerlandzelle, das sich noch in Haft befand.

Whitaker zeige sich über die Abschiebung von Y. in die Türkei "schwer enttäuscht". Die deutsche Regierung habe Y. "absichtlich" geholfen, "der Justiz zu entkommen, indem sie ihn in ein Flugzeug Richtung Türkei gesetzt hat". Gegen Y. liegt in den USA eine Anklage wegen seiner Beteiligung an Planungen für Anschläge auf US-Bürger außerhalb der Vereinigten Staaten vor.

Dabei geht es unter anderem um seine mutmaßliche Komplizenschaft bei einem Angriff auf US-Soldaten in Afghanistan. Bei dem Selbstmordanschlag im Jahr 2008 waren zwei Soldaten getötet und mindestens elf weitere verletzt worden. Bei der deutschen Justiz gab es die Sorge, dass Y. zudem in den USA für Taten verurteilt werden könnte, für die er bereits in Deutschland eingesessen hatte.

"Man darf wegen einer Tat nicht doppelt bestraft werden. Wir liefern nur aus, wenn klar ist, dass der Angeklagte auf keinen Fall doppelt bestraft wird", sagte die Sprecherin des OLG in Frankfurt, Gundula Fehns-Böer, der Nachrichtenagentur AFP. Das OLG hatte nach ihren Angaben keine Zusicherungen aus den USA erhalten, dass diesem Verbot "Rechnung getragen" werden sollte. 

Der Streit um Y. kochte laut US-Medienberichten am Mittwoch bei einem Besuch von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) im State Department hoch. Bei dem Treffen des deutschen Chefdiplomaten mit Vizeaußenminister John Sullivan habe sich die US-Seite frustriert gezeigt, berichtete der Sender CNN unter Berufung auf US-Regierungsmitarbeiter.

Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Außenministeriums, er sei mit den Aussagen des deutschen Außenministers zu dem Fall nicht zufrieden gewesen. Der Fall Y. könne der Kooperation zwischen den Strafverfolgungsbehörden beider Länder schaden, wurde dieser Regierungsmitarbeiter zitiert.

Die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA sind seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump vor zwei Jahren ohnehin bereits stark angespannt. Zu den Streitthemen gehören die aus Sicht Trumps viel zu niedrigen deutschen Verteidigungsausgaben und die Handelsbeziehungen. (AFP)