US-Regierungskreise: Keine Zusage Trumps zur Auslieferung Fethullah Gülens

Der türkische Präsident Erdogan macht den Prediger Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich - und fordert dessen Auslieferung aus den USA. Ankara erweckt den Eindruck, US-Präsident Trump würde ihr entgegenkommen. Im Weißen Haus klingt das anders. Von Can Merey

US-Präsident Donald Trump hat der Türkei nach Angaben aus dem Weißen Haus keine Auslieferung des Predigers Fethullah Gülen zugesagt. Beim G20-Gipfel in Buenos Aires vor gut zwei Wochen habe es keine solche Zusage Trumps an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegeben, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter am Montagabend (Ortszeit) in Washington. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte im Parlament in Ankara über angebliche US-Bemühungen zur Ausweisung Gülens berichtet.

Die türkische Regierung macht Gülen - der im Exil in den USA lebt - für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Nach Angaben Cavusoglus hatten Trump und Erdogan am Rande des G20-Gipfels über die türkische Forderung nach Gülens Auslieferung gesprochen. «Trump hat gesagt, dass es Bemühungen gibt, vor allem den Terroristenanführer auszuweisen», sagte Cavusoglu am Montag mit Blick auf Gülen. Die türkische Regierung fordert von den USA die Auslieferung Gülens und von mehr als 80 seiner mutmaßlichen Anhänger.

Das US-Justizministerium teilte mit, man werde «alles neue Material» überprüfen, das Ankara im Zusammenhang mit dem Auslieferungsersuchen zur Verfügung stelle. Eine Entscheidung werde «auf der Basis der Fakten und der relevanten US-Gesetze» erfolgen.

Die US-Justizbehörden haben unterdessen zwei Verdächtige angeklagt, die nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft als «illegale Agenten» der türkischen Regierung in den USA gehandelt haben sollen. Der Amerikaner Bijan Rafiekian und der Türke Kamil Ekim Alptekin sollen versucht haben, auf eine Auslieferung Gülens hinzuwirken, wie das Justizministerium am Montag (Ortszeit) mitteilte. Rafiekian und Alptekin sollen dabei mit Trumps früherem Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn zusammengearbeitet haben.

Flynn ist in einem separaten Verfahren angeklagt. Dort hat er eingeräumt, bei den Justizbehörden falsche Angaben zu seiner Zusammenarbeit mit der türkischen Regierung gemacht zu haben. Die türkische Regierung macht Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich und fordert seine Auslieferung.

Flynn - der in dem neuen Verfahren als «Person A» bezeichnet wird - hatte gemeinsam mit Rafiekian eine Firma namens «Flynn Intel Group» gegründet. Die Firma erhielt für das dreimonatige Türkei-Projekt nach Angaben der Justizbehörden 530.000 Dollar (rund 467.000 Euro). In der neuen Anklageschrift heißt es, Ziel sei eine «Verschwörung» gewesen, um US-Politiker und die öffentliche Meinung gegen Gülen zu beeinflussen - mit dem Ziel, dessen Auslieferung zu erreichen.

Die Justizbehörden geben an, Alptekin habe türkische Regierungsvertreter über das Projekt auf dem Laufenden gehalten und deren Anweisungen an Rafiekian und Flynn übermittelt. Das Budget für das Projekt sei von türkischen Regierungsvertretern auf «Kabinettsebene» beschlossen worden. Alptekin soll die Zahlungen mit einer eigenen Firma verschleiert haben.

Flynn hatte am 8. November 2016 - dem Tag der US-Präsidentschaftswahl - einen Beitrag auf der Nachrichtenseite «The Hill» veröffentlicht, in dem er sich vehement für eine Auslieferung Gülens aussprach. Flynn kooperiert mit FBI-Sonderermittler Robert Mueller, der unter anderem untersucht, ob es Geheimabsprachen zwischen Vertretern Russlands und dem Trump-Lager im Wahlkampf 2016 gegeben hat. Am Dienstag soll in Washington das Strafmaß verkündet werden. Wegen der Zusammenarbeit Flynns hat sich Mueller für Haftverschonung ausgesprochen.

Vertreter der Gülen-Bewegung in den USA teilten mit, die neue Anklage zeige, dass die Regierung Erdogans nicht davor zurückschrecke, US-Gesetze zu brechen. Das sei nicht überraschend, weil Erdogans Regierung die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei außer Kraft gesetzt habe. Man rechne damit und hoffe, dass die türkischen Bemühungen zur Auslieferung Gülens ergebnislos blieben.

Rafiekian (66) lebt in Kalifornien. Alptekin (41) hält sich ausweislich der Anklageschrift in Istanbul auf und hat neben der türkischen auch die niederländische Staatsbürgerschaft. Beiden wird Verschwörung und illegale Agententätigkeit für die türkische Regierung vorgeworfen. Alptekin wird zusätzlich der vierfachen Falschaussage bei der Bundespolizei FBI beschuldigt. Rafiekian drohen bis zu 15 Jahre Haft, Alptekin bis zu 35 Jahre.

Gülen lebt seit langem im US-Exil im Bundesstaat Pennsylvania. Er dementiert jede Beteiligung an dem versuchten Putsch, der niedergeschlagen worden war. Nach offiziellen türkischen Angaben kamen bei dem Umsturzversuch mehr als 250 Menschen ums Leben.

Seit dem Putschversuch von 2016 greift die türkische Regierung gegen angebliche Mitglieder der Gülen-Bewegung hart durch. Nach offiziellen Zahlen von Mitte November wurden seit 2016 wegen angeblicher Verbindungen zu den Putschisten rund 218.000 Menschen festgenommen. Mehr als 140.000 Menschen wurden aus dem Staatsdienst entlassen. (dpa)