US-Außenminister Pompeo in evangelikaler Mission

Nicht nur in der US-Innenpolitik prägen die Evangelikalen die Agenda des Präsidenten. Auch in den Außenbeziehungen nehmen sie Einfluss. Mit Mike Pompeo haben sie einen der ihren an der Spitze der US-Diplomatie.

Amerikas Chef-Diplomat hat eine Mission: Außenminister Mike Pompeo versteht sich als Vertreter einer Politik, die evangelikale Anliegen ins Zentrum rückt. Nirgendwo wird das deutlicher als in seiner Nahostpolitik, die er am 10. Januar in einer Rede an der American University von Kairo entfaltete. Ein symbolischer Ort, den Pompeo bewusst ausgewählt hatte. Denn hier hatte Barack Obama 2009 nach der unglücklichen Invasion des Irak und Jahren des Terrors eine Annäherung an die muslimische Welt gesucht.

Pompeo bekannte in seiner Rede offen, "als evangelikaler Christ" in die Region gekommen zu sein. Später lobte er enthusiastisch die neu gebaute Kathedrale in Ägyptens Hauptstadt, die er als "atemberaubendes Zeugnis für die Hand des Herrn" pries. Vor allem aber warb er dafür, die Reihen gegen den Iran zu schließen.

Der Religionswissenschaftler Andrew Chesnut meint, die christlichen Fundamentalisten sähen die USA in einem "heiligen Krieg" gegen die Mullahs im Iran. Trump werde dagegen als eine moderne Verkörperung von "König Cyrus" verstanden, der die Juden aus der babylonischen Gefangenschaft befreit hatte. Der Erretter der Juden war, so Chesnut, "das Modell eines Nichtgläubigen, der von Gott als Gefäß für die Zwecke der Gläubigen bestimmt wurde".

So stellt es auch der unter Evangelikalen populäre Film "The Trump Prophecy" dar. Darin behauptet ein pensionierter Feuerwehrmann, Gott habe ihm gesagt, er habe Trump für diese Rolle auserwählt. Deshalb stören seine evangelikalen Anhänger weder das zweifelhafte Privatleben des Präsidenten noch die lückenhaften Bibelkenntnisse. Sie sind froh, dass er Pompeo machen lässt.

Als engen Verbündeten weiß Pompeo Vizepräsident Mike Pence an seiner Seite, ein Evangelikaler wie er. Die Strenggläubigen erwarten im Nahen Osten eine apokalyptische Schlacht, an deren Ende die Wiederkehr Jesu steht. Bevor es dazu kommt, müssen nach dem Glauben der Fundamentalisten alle Juden in Groß-Israel leben.

Fast drei Viertel der Evangelikalen in den USA teilen laut einer Umfrage von 2015 diese Vorstellung, die nichtevangelikale Amerikaner als abstrusen Aberglauben bewerten. Dass die Evangelikalen mit Pompeo und Pence nun zwei einflussreiche Männer in der Regierung haben, die Amerikas außenpolitische Agenda danach gestalten, wirft Fragen hinsichtlich der Trennung von Politik und Religion auf.

Chestnut und andere Experten fürchten, das Land könnte von den fundamentalistischen Kräften in einen religiös geprägten Krieg gestürzt werden. So vertritt Pompeo schon lange die Auffassung, dass "mit 2.000 Fliegereinsätzen das Atomprogramm Irans zerstört werden kann".

In seiner Kairoer Rede zeigte Trumps Chef-Diplomat denn auch auffallende Toleranz gegenüber jedem repressiven Regime in der Nahost- und Golfregion, das sich an einer Allianz gegen Iran beteiligen würde. Die Tausenden politischen Gefangenen und die routinemäßige Folter in Ägypten fanden keine Erwähnung.

Die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem - gegen den Rat anderer außen- wie sicherheitspolitischer Berater Trumps - gehört zu dem größeren Plan, den die Evangelikalen verfolgen. Pompeo sorgte persönlich dafür, dass das Staatsoberhaupt Guatemalas, Jimmy Morales, und der neue brasilianische Präsident Jair Bolsonaro die Botschaftsverlegung der USA unterstützen.

Ob Trump die evangelikalen Glaubenssätze teilt, lässt sich schwer sagen, und viele halten es für unwahrscheinlich. Aber er hat sein politisches Überleben von der Unterstützung aus dem evangelikalen Lager abhängig gemacht. Dort sieht er seine stärkste Bastion. Weshalb Beobachter einen eher wachsenden Einfluss von Pompeo, Pence und anderer weißer Evangelikaler erwarten.

Dass der Außenminister fest in deren Welt verankert ist, daran besteht kein Zweifel. Kürzlich tauchte ein drei Jahre altes Video auf, in dem Pompeo in seiner Heimatgemeinde von Wichita im US-Bundesstaat Kansas über den Kampf gegen die "Homo-Ehe" und seine Rolle als Politiker spricht. Er werde weitermachen "bis zur Himmelfahrt der Gerechten". (KNA)