Tunesiens Präsident kündigt Neuwahlen und Verfassungsreferendum an

Tunis. Fünf Monate nach der Entmachtung von Regierung und Parlament hat Tunesiens Präsident Kaïs Saïed für Dezember 2022 eine Neuwahl des Parlaments angesetzt. Bis dahin bleibe die Arbeit des Parlaments ausgesetzt, kündigte Saïed am Montagabend in einer Fernsehansprache an. Für kommenden Juli kündigte Saïed zudem ein Referendum an, bei dem über Verfassungs- und Wahlrechtsreformen abgestimmt werden soll.



Saïed hatte im Juli mit Hilfe eines Notstandsartikels der Verfassung die Regierung abgesetzt, die Arbeit des Parlaments ausgesetzt und die Immunität der Abgeordneten aufgehoben. Die bis dahin regierende islamistische Ennahdha-Partei warf ihm daraufhin einen "Putsch" vor, es kam immer wieder zu Protesten.



Im Oktober setzte Saïed zwar eine neue Regierung ein. Mit Najla Bouden hat das nordafrikanische Land zum ersten Mal eine Frau an der Regierungsspitze. Ihre Amtsvollmachten sind nach der Ausweitung der präsidialen Vollmachten durch Saïed aber begrenzt. Faktisch leitet der Präsident die Regierungsgeschäfte und hat auch das letzte Wort über Kabinettsentscheidungen.



Saïed, ein scharfer Kritiker der tunesischen Verfassung von 2014, kündigte in seiner Rede nun an, dass vom 1. Januar bis zum 20. März öffentliche Konsultationen stattfinden sollen, um Vorschläge für Verfassungs- und andere Reformen zu sammeln. Ein Ausschuss soll die Vorschläge dann bis Juni prüfen. Am 25. Juli, dem Jahrestag der Unabhängigkeit von Frankreich, soll dann in einem Referendum darüber abgestimmt werden. Das Parlament werde so lange ausgesetzt bleiben, bis "am 17. Dezember kommenden Jahres Wahlen nach neuen Gesetzen stattfinden", sagte Saïed. (AFP)