Türkische Regierung erlaubt erstmals Bau christlicher Kirche

Die türkische Regierung hat erstmals seit Gründung der Republik 1923 den Bau einer christlichen Kirche genehmigt. Die Entscheidung dazu habe Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Freitagabend bei einem Treffen mit Religionsvertretern in Istanbul bekanntgegeben, berichtete die regierungsnahe Nachrichtenagentur Anadolu.

Die Kirche soll im Istanbuler Stadtteil Yesilköy errichtet werden, der auf der europäischen Seite der Stadt am Ufer des Marmarameeres liegt. Das Gotteshaus der christlichen syrischen Minderheit werde auf städtischem Grund entstehen, hieß es am Samstag aus Kreisen der islamisch-konservativen Regierung in der Hauptstadt Ankara.

In den vergangenen Jahrzehnten wurden in der Türkei nur Kirchen saniert oder wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ein Neubau jedoch nicht genehmigt. Die neue Kirche wird den Angaben aus Regierungskreisen zufolge aus Mitteln einer Stiftung finanziert. Die Bauarbeiten sollten in den kommenden Monaten beginnen.

Die Türkei ist laut Verfassung ein laizistischer Staat. Die meisten Türken bekennen sich zum Islam. Nicht-Muslime machen nur eine kleine Minderheit von weniger als 200.000 unter 77 Millionen Einwohnern aus. Zu den größten Minderheiten gehören die Armenier mit geschätzt rund 80.000, die Katholiken mit 35.000, die syrisch-orthodoxen Christen mit rund 20.000 sowie die jüdische Gemeinde mit ebenfalls rund 20.000 Gemeindemitgliedern.

Einschränkungen für andere Religionen

Kritiker werfen der Staatsführung um Präsident Recep Tayyip Erdogan immer wieder vor, das Land weiter islamisieren zu wollen. Angehörige christlicher Minderheiten sind in der Vergangenheit vereinzelt Opfer von religiös motivierter Gewalt geworden. Christen und andere Minderheiten dürfen ihre Religion zwar grundsätzlich ausüben, sie leiden aber unter Einschränkungen. So darf die orthodoxe Kirche keine Priester in der Türkei ausbilden. Ausländische Kleriker wiederum haben Probleme, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten.

Bei dem Treffen in Istanbul sicherte der Ministerpräsident den Mitgliedern nicht-muslimischer Minderheiten im Land volle Rechte als Staatsbürger zu. Seine Regierung unterscheide die Bürger nicht nach Zugehörigkeit zu einer Religion, einer Konfession oder Ethnie, sagte Davutoglu. Davutoglu erinnerte daran, dass unter der Regierung der von ihm geführten islamisch-konservativen Partei AKP die Rückgabe enteigneter Immobilien an Nicht-Muslime begonnen habe.

Der Regierungschef verwies auf eine wachsende Islamfeindlichkeit und einen zunehmenden Antisemitismus in Europa. Dort würden Moscheen angegriffen, sagte er mit Blick auf eine jüngste Serie von Brandanschlägen in Schweden. Ein entschiedenes Eintreten gegen Islamophobie richte sich nicht nur gegen die Diskriminierung von Muslimen, sondern gegen jedwede Ausgrenzung aufgrund von Religion. (dpa, kna)