Türkei betont vor Minister-Treffen ihre Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg

Antalya. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat vor dem ersten persönlichen Treffen der Außenminister Russlands und der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffs auf das Nachbarland die Vermittlerrolle der Türkei betont. Die Türkei sei nach wie vor in der Lage, "sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland" zu sprechen, betonte Erdogan am Mittwoch. Die Ukraine und ein westlicher Vertreter äußerten sich jedoch pessimistisch über die Erfolgsaussichten des Treffens.



Bei dem Treffen am Donnerstag (10.03.) in Antalya gehe es darum, "zu verhindern, dass sich die Krise zu einer Tragödie entwickelt", betonte Erdogan. Die Gespräche zwischen dem russischen Außenminister Sergej Lawrow, der bereits am Mittwoch in Antalya eingetroffen war, und dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba sollen am Donnerstag gegen 9.30 bis 10.00 Uhr Ortszeit (7.30 bis 8.00 Uhr MEZ) in Antalya beginnen. Begleitet werden sie vom türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu.



Am Mittwoch versicherte Kuleba in einem Facebook-Video, dass er alles tun werde, um die "Gespräche (so) effektiv wie möglich" zu gestalten, gab aber zu, dass er "begrenzte Erwartungen" habe. "Ich habe keine großen Hoffnungen, aber wir werden alles tun, um das Maximum herauszuholen", sagte er. Er betonte, dass "alles von den Anweisungen abhängen wird, die Lawrow vor diesen Gesprächen erhalten hat".



Ein westlicher Beamter sagte, er sei "nicht optimistisch" in Bezug auf das Treffen. Er fragte: "Warum engagiert sich Lawrow (in diesen Gesprächen)? Offensichtlich hoffen wir, dass es so ist, weil sie (die Russen) wollen, dass das, was passiert, ein Ende findet".



Doch es gab auch Anzeichen der Hoffnung: Der Kreml hatte am Mittwoch von "Fortschritten" in den Gesprächen mit Kiew gesprochen. Außenamtssprecherin Maria Sacharowa erklärte zudem, die russischen Truppen hätten nicht den Auftrag, "die aktuelle Regierung zu stürzen" oder die "Eigenstaatlichkeit" der Ukraine zu zerstören. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte den Angriff auf die Ukraine zuvor damit begründet, das Nachbarland "entmilitarisieren" und "entnazifizieren" zu wollen.



Selenskyj rückte seinerseits von der Forderung nach einer Nato-Mitgliedschaft seines Landes ab. Als weiteres Zugeständnis an Moskau erklärte er sich zu einem "Kompromiss" über den Status der Separatisten-Gebiete Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine bereit. Selenskyjs außenpolitischer Berater Ihor Tschowka sagte in der ARD, auch Fragen zur "Neutralität" der Ukraine ließen sich in Verhandlungen mit Moskau diskutieren.



Das Nato-Mitglied Türkei ist ein Verbündeter der Ukraine und liefert Kampfdrohnen an das Land. Gleichzeitig achtet die Türkei darauf, ihre Beziehungen zu Russland aufrechtzuerhalten, da das Land auf russische Touristen sowie Weizen- und Energielieferungen angewiesen ist. Die Gespräche geben der Türkei außerdem die Möglichkeit, ihre Wichtigkeit für die Nato zu demonstrieren, nachdem sie dort zuletzt vor allem störend aufgefallen war.



Der türkische Präsident wird um 16.00 Uhr MEZ mit seinem US-Kollegen Joe Biden telefonieren, wie das Weiße Haus am Mittwochabend bekannt gab. (AFP)