Trumps Nahost-Friedensplan: Der «Deal des nächsten Jahrhunderts»?

US-Präsident Trump will Frieden zwischen Israel und den Palästinensern schaffen, seinen lange angekündigten Plan dafür hat er aber immer noch nicht präsentiert. Kann Trump den Nahost-Konflikt tatsächlich lösen - und damit in die Geschichtsbücher eingehen? Von Can Merey, Stefanie Järkel und Sara Lemel

Am Rande der UN-Vollversammlung kam US-Präsident Donald Trump im September 2017 in New York mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammen - damals sprachen die beiden noch miteinander. Trump sagte, er rechne sich «eine sehr, sehr gute Chance» aus, «den schwierigsten Deal von allen» hinzubekommen: Frieden zwischen Israel und den Palästinensern.

Abbas lobte damals Trumps Bemühungen, «den Deal des Jahrhunderts in diesem Jahr oder in den nächsten Monaten» zu vermitteln. Stattdessen ist Trumps Nahost-Friedensplan immer noch unter Verschluss. Der Optimismus ist längst verflogen - anscheinend sogar in Trumps eigener Regierung.

Bezeichnend dafür sind Aussagen von US-Außenminister Mike Pompeo bei einer jüdischen Organisation Ende vergangenen Monats; die «Washington Post» bekam einen Mitschnitt zugespielt. Pompeo sagte nach Angaben der Zeitung, man könne argumentieren, dass der Plan - der nach US-Angaben längst fertig ist - «unausführbar» sei. «Könnte sein, dass Leute am Ende sagen werden, «er ist nicht besonders originell, er funktioniert für mich nicht», also, «er enthält zwei gute Sachen und neun schlechte Sachen, ich bin draußen».»

Fast noch erstaunlicher als Pompeos vor Publikum vorgetragene Skepsis: Trump, sonst in eigenen Belangen Berufsoptimist, widersprach seinem Minister nicht. «Es könnte sein, dass er recht hat», sagte Trump, als er auf Pompeos Aussagen angesprochen wurde. «Ich denke, wir haben eine gute Chance, aber wir werden sehen, was passiert.»

Trump - der sich selber für einen der besten Dealmacher überhaupt hält - nimmt sich gerne die ganz großen außenpolitischen Projekte vor: So will er gleichzeitig Nordkorea atomar entwaffnen, die Regierung im Iran in die Knie zwingen und den Präsidenten in Venezuela ersetzen - und eben Frieden zwischen Israel und den Palästinensern schaffen. Nichts davon ist ihm bislang gelungen.

Immer wieder gab es Bemühungen um eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts, doch der Friedensprozess liegt seit 2014 auf Eis. Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem erobert. Im Westjordanland und Ost-Jerusalem leben mittlerweile mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat - mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Mit der Ausarbeitung des Nahost-Friedensplans hatte Trump seinen Schwiegersohn Jared Kushner und seinen Nahost-Beauftragten Jason Greenblatt betraut. Zuletzt war erwartet worden, dass der Plan nach der Bildung einer Regierung in Israel vorgestellt wird. Der rechtskonservative Ministerpräsident und Trump-Vertraute Benjamin Netanjahu scheiterte jedoch daran, eine Koalition zu schmieden.

Nun kommt es im September zu Neuwahlen in Israel, eine Regierung dürfte nicht vor Anfang November stehen. Unwahrscheinlich ist, dass Trumps Plan davor das Licht der Welt erblickt. Ein amerikanischer Friedensplan, von dem zwar erwartet wird, dass er die israelische Seite bevorzugt, der aber dennoch Zugeständnisse einfordert, könnte Netanjahu im Wahlkampf und bei Koalitionsverhandlungen schaden. Saeb Erekat, Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, spottete mit Blick auf Trumps Vorhaben, es handele sich nunoffenbar um den «Deal des nächsten Jahrhunderts».

Die Palästinenserführung hat Trumps Friedensplan schon abgelehnt, bevor dessen Inhalte überhaupt bekannt geworden sind. Für Abbas haben sich die USA als Vermittler im Nahost-Konflikt diskreditiert, als Trump im Dezember 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte und später die US-Botschaft dorthin verlegte; die Palästinenser brachen jeden offiziellen Kontakt zur US-Regierung ab.

Trump ließ zudem Hilfsgelder für die Palästinenser streichen. Und Trumps Botschafter in Jerusalem, David Friedman, sagte der «New York Times» erst vor wenigen Tagen, er denke, Israel habe «unter gewissen Umständen» das Recht, Teile des Westjordanlandes zu annektieren.

Trump unternimmt alles, um Netanjahu zu unterstützen. Er grenzt sich damit von seinem Vorgänger Barack Obama ab, und er erhofft sich die Stimmen der einflussreichen Israel-Unterstützer in den USA. Mit Netanjahu hat Trump außerdem einen Verbündeten in seinem harten Kurs gegen den Iran - in einer Zeit, in der die Krise mit Teheran gefährlich eskaliert.

Bei einem Besuch Netanjahus im Weißen Haus im März erkannte Trump formell die annektierten Golanhöhen als Staatsgebiet Israels an, obwohl er damit gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats verstieß. Kürzlich kündigte Netanjahus Regierung an, eine neue Siedlung auf den Golanhöhen nach Trump zu benennen. Trump bedankte sich bei Netanjahu für die «große Ehre».

Der frühere Baumagnat Trump versucht regelmäßig, politische Probleme mit wirtschaftlichen Werkzeugen zu richten. Einiges spricht dafür, dass Kushner - der ebenfalls aus der Baubranche kommt – den Palästinensern nun ökonomische Entwicklung in Aussicht stellen will, aber keinen unabhängigen Palästinenserstaat. Das wäre eine Abkehr von der früheren US-Politik, die auf eine Zwei-Staaten-Lösung abzielte. 

Palästinenserpräsident Abbas schloss einen Verzicht auf einen eigenen Staat schon kategorisch aus. Niemals würden die Palästinenser «Jerusalem verkaufen» und sie würden sich «niemandem außer Gott beugen», sagte er. In Jerusalem liegt auf dem Tempelberg mit der Al-Aksa-Moschee und dem Felsendom die drittheiligste Stätte für Muslime. Auch Deutschland setzt sich seit langem für eine von der großen Mehrheit der UN-Mitglieder unterstützte Zwei-Staaten-Lösung ein.

«Wenn man zwei Staaten sagt, heißt das eine Sache für die Israelis (und) es heißt eine Sache für die Palästinenser», sagte Kushner bei einer Veranstaltung des Washington-Instituts für Nahost-Politik. «Also haben wir gesagt, lass es uns einfach nicht sagen.»

In einem Interview des Nachrichtenportals Axios beim Kanal HBO antwortete Kushner ausweichend auf die Frage, ob er die Palästinenser überhaupt dafür in der Lage halte, sich selber zu regieren. «Die Hoffnung ist, dass sie im Laufe der Zeit fähig werden können, zu regieren.»

Unter Palästinensern lösten die Aussagen des Präsidentenberaters und Trump-Schwiegersohnes Empörung aus. «Diese Art von Sprache ist völlig inakzeptabel», sagte die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi, die im PLO-Exekutivkomitee sitzt, dem Sender CNN. «Diese Art von Rassismus - die Palästinenser unter Bewährung zu stellen, um zu sehen, ob wir unsere Freiheit verdienen - ist inakzeptabel.»

Die wirtschaftliche Grundlage für den Friedensplan soll eine von den USA und Bahrain ausgerichtete Konferenz bilden, bei der es um Investitionen für die Palästinensergebiete gehen soll. Am Dienstag und Mittwoch wollten dafür Regierungsvertreter und Repräsentanten der Wirtschaft sowie der Zivilgesellschaft in Bahrains Hauptstadt Manama zusammenkommen.

Am Samstag legte das Weiße Haus einen Plan vor, der Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren vorsieht - offen ist bislang, woher das Geld kommen soll.

Die palästinensische Autonomiebehörde und die PLO haben schon früh mitgeteilt, dass sie an der Konferenz nicht teilnehmen werden. Vor wenigen Tagen hieß es dann aus dem Weißen Haus, dass israelische Regierungsvertreter nicht zu der Konferenz eingeladen würden. Zur Begründung hieß es, man wolle, «dass der Fokus auf dem wirtschaftlichen Aspekt liegt, nicht auf dem politischen».

Der Bürgerrechtsaktivist Abdulkarim Aschur aus Gaza wird der Einladung nach Bahrain nach eigenen Angaben nicht Folge leisten. «Die wahre Krise für die Palästinenser ist die Besatzung», sagt er. «Die palästinensische Krise ist politisch und nicht finanziell und kann nicht durch eine Handvoll Dollar gelöst werden.»

Ähnlich schätzt das der Nahost-Experte Aaron David Miller vom Woodrow Wilson Center in Washington ein. Er sagt: «Wenn wir eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts hätten erkaufen können, hätten wir das schon vor langer Zeit getan. Es geht nicht um Geld.»

Marc Frings, Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah, sieht einen breiten palästinensischen Konsens in der Ablehnung nicht nur der Konferenz in Bahrain - sondern auch der gesamten Friedensinitiative des US-Präsidenten. Umfragen im Auftrag der Stiftung hätten gezeigt, «dass es irrelevant ist, was in dem Friedensplan tatsächlich steht», sagt Frings. «Alles, was die Unterschrift von Präsident Trump trägt, wird abgelehnt.» (dpa)