Trump lässt als Vergeltung für Giftgasangriff syrischen Stützpunkt bombardieren

Die USA haben erstmals im syrischen Bürgerkrieg die Regierungstruppen von Machthaber Baschar al-Assad attackiert. Als Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgasangriff vom Dienstag ließ US-Präsident Donald Trump in der Nacht zum Freitag eine Luftwaffenbasis der syrischen Armee mit Raketen angreifen. Aktivisten zufolge wurden vier syrische Soldaten getötet, die syrische Armee sprach von sechs Toten. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel nannte den Angriff "nachvollziehbar", Russland verurteilte ihn als "Angriff gegen einen souveränen Staat".

Nach US-Regierungsangaben wurden 59 Marschflugkörper vom Typ Tomahawk auf die Luftwaffenbasis Al-Schairat in der Provinz Homs abgefeuert. Dies sei der Stützpunkt, von dem aus der Giftgasangriff geflogen worden sei, sagte Trump.

Die US-Raketen wurden nach Angaben eines Regierungsvertreters von den US-Kriegsschiffen "USS Porter" und "USS Ross" abgefeuert, die im östlichen Mittelmeer stationiert sind. Die Marschflugkörper beschädigten oder zerstörten mehrere Kampfjets, die Luftabwehr und andere Einrichtungen auf dem Stützpunkt.

Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, deren Angaben von unabhängiger Seite kaum überprüft werden können, wurde die Luftwaffenbasis bei dem Angriff fast vollständig zerstört. Vier syrische Soldaten seien getötet worden. Im syrischen Staatsfernsehen wurde der Angriff als "Akt der Aggression" verurteilt.

Auch Russland und der Iran verurteilten das Vorgehen Washingtons. Es handele sich um einen "Angriff gegen einen souveränen Staat", erklärte der Kreml. Präsident Wladimir Putin werte das Bombardement als Verstoß gegen internationales Recht, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow. Der US-Angriff füge den Beziehungen zu Washington einen "beträchtlichen Schaden" zu.

Russland zählt neben dem Iran zu den wichtigsten Verbündeten Assads. Die Regierung in Teheran erklärte, sie verurteile das "einseitige militärische Vorgehen" der USA.

Gabriel sprach angesichts des mutmaßlichen Chemiewaffenangriffs von einem "nachvollziehbaren" Angriff. Zugleich warb er für gemeinsame Friedensbemühungen unter dem Dach der Vereinten Nationen. Dafür würden auch "die beteiligten Konfliktparteien aus der Region und auch die USA und Russland gebraucht".

Die britische Regierung nannte den US-Angriff eine "angemessene Reaktion auf den barbarischen Chemiewaffenangriff der syrischen Regierung". Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, Trump habe eine "starke und klare Botschaft" ausgesendet, dass der Gebrauch und die Verbreitung von Chemiewaffen nicht toleriert werde.

Trump begründete den Angriff in einer kurzen Ansprache in seinem Privatdomizil Mar-a-Lago in Florida damit, dass es im "grundlegenden nationalen Sicherheitsinteresse der Vereinigten Staaten" liege, die Verbreitung von chemischen Waffen zu verhindern.

Der US-Präsident appellierte an alle "zivilisierten Nationen", das Blutvergießen in Syrien zu stoppen. Bei der Attacke in der nordsyrischen Stadt Chan Scheichun waren am Dienstag nach Angaben der Beobachtungsstelle mindestens 86 Zivilisten getötet worden. Trump sagte, von dem angegriffenen Stützpunkt aus sei der Angriff verübt worden, bei dem "hilflose" Zivilisten getötet worden seien.

Das Weiße Haus betonte, der Einsatz habe der Abschreckung gedient und sei nicht der Beginn einer großangelegten Offensive zum Sturz Assads. Pentagon-Sprecher Jeff Davis sagte, Hauptziel sei es gewesen, die syrische Regierung von weiteren Chemiewaffenangriffen abzuhalten.

Moskau war nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums vorab über die Luftangriffe informiert worden. In dem attackierten Stützpunkt ist laut einem Pentagon-Sprechers auch russisches Militär stationiert.

Die US-Regierung sei sich "in hohem Maße" sicher, dass die syrische Luftwaffe bei dem von der Basis Al-Schairat aus geführten Angriff ein Nervengas mit den Eigenschaften von Sarin eingesetzt habe, sagte der Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte. 

Die syrische Regierung bestreitet, Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Nach russischer Darstellung soll das Giftgas angeblich bei einem Angriff der syrischen Regierungstruppen auf ein Waffenlager der Rebellen freigesetzt worden sein.

Für Trump war die Militäraktion eine Kehrtwende in seiner Haltung zum Syrien-Konflikt. Nach einem wesentlich massiveren Chemiewaffenangriff mit hunderten Toten im August 2013, für den ebenfalls die Regierungstruppen verantwortlich gewesen sein sollen, hatte der Immobilienmogul den damaligen Präsidenten Barack Obama eindringlich vor einer Vergeltungsaktion gegen Assad gewarnt. (AFP)