Syrische Rebellengruppen brechen Gespräche für Friedensverhandlungen ab

Die Waffenruhe in Syrien hängt am seidenen Faden: Rebellengruppen haben der Regierungsarmee einen Bruch des Waffenstillstands vorgeworfen und die Gespräche über neue Friedensverhandlungen abgebrochen. Die Aufständischen veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihre Entscheidung mit "anhaltenden Verstößen" der Staatsführung gegen die von Russland und der Türkei vermittelte Kampfpause begründeten. Im Großraum Damaskus sowie in den Provinzen Idlib und Hama wurde am Dienstag Aktivisten zufolge erneut gekämpft.

Rund ein Dutzend Rebellengruppen zogen sich nun vom Verhandlungstisch zurück. Sie drohten damit, das Abkommen für eine Waffenruhe und anschließende Friedensgespräche aufzukündigen, falls die Armee ihre Angriffe nicht einstellt. Bislang war vorgesehen, dass sich Regierung und Rebellen Ende Januar zu Gesprächen in Kasachstans Hauptstadt Astana treffen. Als Vermittler treten Russland, die Türkei und der Iran auf, auch wenn Ankara anders als die beiden anderen Länder die Aufständischen unterstützt.

Die Feuerpause war in der Nacht zum Freitag in Kraft getreten und funktionierte bislang in weiten Teilen Syriens. Die Rebellen erklärten, ihre Kämpfer hätten sich an die Vereinbarungen gehalten, die syrische Armee habe ihre Angriffe jedoch fortgesetzt, vor allem in den Rebellengebieten Wadi Barada und Ost-Ghuta nahe Damaskus. Deswegen würden "alle Gespräche in Bezug auf die Verhandlungen von Astana eingefroren".

Durch die anhaltenden Angriffe werde das "Leben hunderttausender Menschen bedroht", erklärten die Rebellen. Sollten die Attacken nicht gestoppt werden, müsse die vereinbarte Waffenruhe "als null und nichtig" betrachtet werden. Die Erklärung wurde unter anderem von den Islamistengruppen Dschaisch al-Islam, Failak al-Rahman, der von Ankara unterstützten Rebellenorganisation Sultan Murad sowie der Gruppe Dschaisch al-Issa unterzeichnet.

Durch das Barada-Tal (Wadi Barada) fließt der Barada-Fluss in die syrische Hauptstadt, er ist eine der wichtigsten Quellen für die Wasserversorgung. Die Regierung wirft den Rebellen vor, der Hauptstadt das Wasser abzudrehen beziehungsweise es durch Treibstoff zu verunreinigen. Nach UN-Angaben haben vier Millionen Bewohner der Hauptstadt seit dem 22. Dezember kein fließendes Wasser mehr. Die Rebellen machen hingegen Angriffe der Regierungstruppen für den Wassermangel verantwortlich.

Wie die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, gab es am Dienstag wieder Kämpfe in Wadi Barada. Regierungssoldaten griffen dort demnach mit Kampfhubschraubern und Artillerie an. Die syrische Führung vermutet unter den Rebellen in Wadi Barada auch Kämpfer der ehemals mit Al-Kaida verbündeten Miliz Fateh al-Scham, die ebenso wie die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) von der Waffenruhe ausgenommen ist.

"Die Kämpfer zeigen, dass sie bereit sind, sich zu ergeben", sagte der Gouverneur der Provinz Damaskus, Ala Ibrahim, der regierungsnahen Zeitung "Al-Watan". Die einstige Al-Nusra-Front und heutige Fateh al-Scham "droht aber damit sie zu töten", fuhr er fort. Die Rebellen weisen die Präsenz der Gruppe in Wadi Barada jedoch zurück.

Die Beobachtungsstelle berichtete auch von Luftangriffen auf die Stadt Chan Scheichun in der Provinz Idlib. Dabei seien eine Schwangere getötet und drei Zivilisten verletzt worden. Rebellen griffen der in Syrien vernetzten Organisation zufolge wiederum zwei Dörfer in der Provinz Hama an. Der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, warnte vor einem "Kollaps" der Waffenruhe, sollten Russland und die Türkei nicht eingreifen.

Die geplanten Friedensgespräche in Astana werden auch vom UN-Sicherheitsrat unterstützt. Anfang Februar sollen auch die Verhandlungen zwischen der syrischen Führung und der Opposition unter UN-Schirmherrschaft fortgesetzt werden. (AFP)