Sudanesischer Armeechef fordert Absetzung von deutschem UN-Gesandten Perthes

Khartum. Inmitten anhaltender Kämpfe im Sudan hat Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan die Absetzung des deutschen UN-Sondergesandten Volker Perthes gefordert. In einem Schreiben an die UNO warf al-Burhan dem UN-Vertreter vor, mit "Täuschung und Desinformation" den Konflikt in dem nordostafrikanischen Land geschürt zu haben. In der Hauptstadt Khartum wurde derweil am Montag weiter gekämpft - obwohl eigentlich bis zum Abend noch ein Waffenstillstand gelten sollte.



In seinem der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Brief erklärt al-Burhan, Perthes habe in seinen Berichten an die UNO ein irreführendes Bild von "Einigkeit" im Sudan gezeichnet. "Ohne diese Signale der Ermutigung hätte Rebellenführer (Mohamed Hamdan) Daglo nicht seine Militäraktionen begonnen", argumentiert der Militärmachthaber. Bisher konnte allerdings nicht unabhängig festgestellt werden, wer Mitte April die ersten Schüsse in dem Konflikt abgefeuert hat. Perthes hatte "überrascht" auf den Ausbruch des Konflikts reagiert.



Bereits seit vergangenem Jahr sind der Sondergesandte und die UN-Mission im Sudan das Ziel von Protesten von Unterstützern der Militärregierung. Wiederholt warfen tausende Demonstranten Perthes "ausländische Einmischung" vor.



Die Gefechte zwischen al-Burhans Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo hatten sich Mitte April an der geplanten Eingliederung der RSF in die Armee entzündet. Seitdem wurden etwa 1800 Menschen getötet und mehr als 1,3 Millionen weitere vertrieben. Nach UN-Angaben sind aufgrund des Krieges 25 der 45 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen auf humanitäre Hilfe angewiesen.



UN-Sprecher Stéphane Dujarric erklärte zu den Forderungen al-Burhans, Guterres sei "stolz auf die Arbeit von Volker Perthes" und bekräftige "sein volles Vertrauen in seinen Sondergesandten". Die US-Regierung reagierte mit "Besorgnis" auf al-Burhans Verbalattacke gegen Perthes. Das Außenministerium in Washington sprach dem UN-Sondergesandten seine "starke Unterstützung" aus.



Perthes hält sich derzeit in New York auf, wo er Anfang vergangener Woche den UN-Sicherheitsrat über die Lage im Sudan informiert hatte. Er wies die Kritik derjeniger zurück, welche "die UNO beschuldigen". Verantwortlich für den Konflikt im Sudan seien "die beiden Generäle".



Ob der Sudan Perthes die Wiedereinreise gestattet, ist noch unklar. Die Frage seines Visums werde "ein Lackmustest" dafür sein, wie stark inzwischen der Einfluss der Islamisten im Lager al-Burhans sei, erklärte die Expertin Kholood Khair von der in der sudanesischen Hauptstadt Khartum ansässigen Denkfabrik Confluence Advisory im Onlinedienst Twitter.



Eigentlich war um Sudan seit einigen Tagen eine mithilfe der USA und Saudi-Arabiens ausgehandelte Waffenruhe in Kraft, die allerdings brüchig war und am Montagabend auslaufen sollte. Wie die saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA berichtete, riefen Washington und Riad die Konfliktparteien auf, die Feuerpause zu verlängern, um die "Lieferung von dringend benötigter humanitärer Hilfe" für die Zivilbevölkerung zu ermöglichen.



Die sudanesische Armee versucht derzeit allerdings, ihre Reihen zu stärken. Das Verteidigungsministerium rief am Freitag Soldaten im Ruhestand und Reservisten auf, sich bei den Kommandoeinheiten zum Kampf zu melden. In Khartum nahmen die Gefechte am Montag bereits vor dem voraussichtlichen Ende der Feuerpause am Abend wieder zu. Nach Angaben von Einwohnern gab es sowohl Straßenkämpfe im Norden der Hauptstadt als auch Artilleriefeuer auf südliche Stadtteile. Auch in der Region Darfur im Westen des Landes wurde nach UN-Angaben gekämpft.



UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi appellierte an beide Konfliktparteien, sich "die tragischen Geschichten der Flüchtlinge" aus ihrem Land anzuhören. "Wenn sie wirklich ans Volk denken, müssen sie sofort aufhören, sich zu bekämpfen." (AFP)