«Sie gehen zurück in die Hölle» - Christliche Flüchtlinge aus Ägypten haben Angst vor Abschiebung

Farid ist verzweifelt. In wenigen Tagen steht seine Abschiebung nach Ägypten an. Als letztes Mittel dagegen ist seine Klage vor dem Trierer Verwaltungsgericht gescheitert, das in Rheinland-Pfalz für sämtliche Asylverfahren zuständig ist. «Ich kann nicht zurückgehen», sagt der 32-jährige Flüchtling aus Alexandria und knetet nervös die Hände. Er gehört der verfolgten und diskriminierten Minderheit der koptischen Christen an, und er hat große Angst vor einer zwangsweisen Rückkehr.

Schon auf dem Flughafen warte die Polizei auf ihn, erzählt der Ökonom, der seit mehr als drei Jahren als Asylbewerber mit seiner Frau und Tochter in Idar-Oberstein lebt. In Ägypten nahm an Demonstrationen gegen die Regierung des Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und die Armee teil. Nun drohten ihm Folter, eine lebenslängliche Gefängnisstrafe oder gar der Tod, erzählt er und zeigt die Spuren früherer Gewalt an seinen Armen und Beinen. Als Christ sei er in der muslimischen Mehrheitsgesellschaft ohnehin Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt.

Der Flüchtling jobbte bei McDonald's, seine Frau fand Arbeit in einem Supermarkt, seine Tochter besucht den Kindergarten und spricht kein Arabisch. Und nun soll er wie viele christliche Flüchtlinge aus Ägypten abgeschoben werden. Das Land am Nil sei für Christen derzeit sicher, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Anfang März nach einem Ägypten-Besuch bekundet.

«Völlig falsch», entgegnet der koptische Pastor Danial Danial aus Eisenberg. «Sie werden mehr denn je von Islamisten verfolgt und müssen um ihr Leben fürchten.» Der ägyptische Geistliche kümmert sich gemeinsam mit seiner aus Syrien stammenden Ehefrau Kenous Shammas im Auftrag der Evangelischen Kirche der Pfalz um arabischsprachige Christen. Von den insgesamt rund 8.000 ägyptischen Christen, die derzeit Zuflucht in Deutschland gefunden hätten, drohe etwa 6.000 die Abschiebung.

Die Zwangsrückkehrer, darunter viele gut integrierte Familien mit Kindern, hätten jedoch keine Chance, sich ein neues Leben aufzubauen, berichtet das Pastoren-Ehepaar. Etwa 18 Millionen Ägypter - rund 20 Prozent der Bevölkerung - seien Christen, nicht nur zehn Prozent, wie gemeinhin berichtet werde.

«Wir müssen christlichen Flüchtlingen Aufenthalt geben», sagt Danial. Unverständlich sei es, dass in Deutschland christliche Flüchtlinge gegenüber muslimischen benachteiligt würden. «Wir können doch nicht muslimische Straftäter und Fanatiker hier akzeptieren und Christen abschieben», empört sich die Pastorenfrau Shammas.

«Warum habt ihr uns ins Land gelassen, wenn ihr uns wieder abschieben wollt?» fragt Maikel aus Al-Minya. «Ihr hättet uns besser nach Kanada oder in die USA weitergeschickt.» Seit fast vier Jahren lebt der 27-Jährige mit seiner Frau und drei kleinen Kindern in Limburgerhof. Nun soll Maikel, der einen Job als Busfahrer in Aussicht hat, bald das Land verlassen. «Lieber Selbstmord mit der ganzen Familie als zurück», sagt er. Nachdem Nachbarn in Ägypten drohten, seine Tochter zu entführen, floh er mit seiner Familie.

Derzeit würden in Ägypten häufig christliche Mädchen von Islamisten gekidnappt, um sie muslimisch zu erziehen und später zu verheiraten, ergänzt Kenous Shammas. Immer wieder sähen sich Christen dort mit dem gleichen, haltlosen Vorwurf konfrontiert, erzählt der 46-jährige Flüchtling Hani, der in Ramstein-Miesenbach wohnt: Sie wollten Muslime zum Christentum bekehren. Bisher versorgte er seine Frau und die drei Kinder mit einem Teil seiner Sozialhilfe. In Ägypten stünde er vor dem Nichts, sagt der Landarbeiter.

Auch in Deutschland fühlten sich christliche Flüchtlinge immer weniger sicher, erzählt Pastor Danial. Durch die große Zahl muslimischer Flüchtlinge, aber auch durch ausländerfeindliche Deutsche seien sie vermehrt Anfeindungen ausgesetzt. Eine Abschiebung bedeute für die Kopten ein sicheres Martyrium, sagt Danial: «Sie gehen zurück in die Hölle.» (epd)

Mehr zur Situation der Kopten in Ägypten finden Sie hier.