Sara Netanjahu wegen Betrugsverdachts vor Gericht

Sie soll hunderte Essen auf Staatskosten bestellt haben - seit Sonntag muss sich die Ehefrau des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor Gericht verantworten. Die 59-jährige Sara Netanjahu erschien zum Prozessauftakt selbst vor dem Gericht in Jerusalem. Ihre Anwälte wiesen alle Vorwürfe zurück. Der Prozess wirft einen neuen Schatten auf die Familie des israelischen Ministerpräsidenten, der selbst mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert ist.

Nach einer nur 40-minütigen Anhörung vertagte sich das Gericht zu der Frage, ob angesichts des öffentlichen Aufsehens ein dritter Richter hinzugezogen werden soll. Der Verteidiger Jossi Cohen sagte, dieser Antrag der Staatsanwaltschaft sei der Versuch, einen einfachen Fall "zu einem komplizierten Drama zu machen".

Der Richter Avital Tschen sagte, er strebe vielmehr eine Einigung an, damit ein ausgedehnter Prozess vermieden werde. Er forderte die Anwälte auf, eine mögliche Vereinbarung zu prüfen. Bei der nächsten Anhörung am 13. November müsse die Angeklagte nicht anwesend sein. Über seine Entscheidung zur Frage eines dritten Richters werde er die Beteiligten schriftlich informieren.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll Sara Netanjahu zwischen 2010 und 2013 hunderte Essen bei bekannten Restaurants in Jerusalem bestellt und die Kosten in Höhe von insgesamt umgerechnet 85.000 Euro unter der falschen Behauptung abgerechnet haben, in der Residenz habe es keine Köche gegeben. Mit ihr angeklagt ist der damalige Leiter der Jerusalemer Residenz des Ministerpräsidenten, Esra Seidoff. Ihm werden Betrug und Dokumentenfälschung vorgeworfen.

Netanjahus Anwälte bestritten zum Prozessauftakt jegliches Fehlverhalten ihrer Mandantin. Zum ersten Mal in der Geschichte müsse sich die Frau eines Spitzenpolitikers wegen vor Jahren georderter "Nudeln und Catering-Boxen" vor Gericht verantworten, erklärten sie und fügten hinzu, die Gerichte seien "gegen Sara Netanjahus Willen" bestellt worden.

Der Fall wirft erneut ein negatives Licht auf Netanjahu und seine Familie. Unter anderem erstritt ein ehemaliger Hausangestellter vor zwei Jahren vor Gericht 40.000 Euro Entschädigung, weil er von Sara Netanjahu wiederholt schlecht behandelt wurde. Außerdem soll sie Erlöse von Pfandflaschen, die der offiziellen Residenz gehörten, eingesteckt haben.

Gegen Regierungschef Benjamin Netanjahu laufen Korruptionsermittlungen. Die israelische Polizei hatte im Februar eine Anklage gegen den Regierungschef wegen der Annahme von Bestechungsgeldern, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs empfohlen, die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft steht aber noch aus. Am vergangenen Freitag wurde Netanjahu zum zwölften Mal als Verdächtiger vernommen.

Der Ministerpräsident bezeichnet alle Vorwürfe gegen sich als "absurd". Seiner Beliebtheit in den Umfragen haben sie bislang keinen Abbruch getan. (AFP)