Salafisten nutzen "Pop-Dschihad" im Internet als Köder

Radikalislamische Salafisten setzen bei der Rekrutierung neuer Anhänger stark auf soziale Medien wie Facebook, Twitter oder YouTube. Gerade in Deutschland nutzten die Extremisten das Internet, um ein menschenverachtendes und auf Abgrenzung zur Demokratie basierendes Bild des Islam zu verbreiten, sagte Stefan Glaser von jugendschutz.net am Donnerstag bei der Vorstellung einer Studie in Berlin. Gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung suchten die Jugendschützer dabei nach Möglichkeiten, der Radikalisierung im Netz entgegenzutreten.

Soziale Medien eignen sich wegen der großen Reichweite und Aktualität hervorragend, um insbesondere Jugendliche anzusprechen, wie Glaser weiter sagte. Dabei bedienten sich salafistische Werbetrommler oft Symbolen, die junge Menschen aus ihrer Alltagswelt kennen. Sie verweben westliche Filme, Musik, Computerspiele oder Marken geschickt mit radikalislamischen Elementen und "actionreichen" Kriegsbildern, dass dadurch eine Art "Pop-Dschihad" vermittelt werde. So gelinge es, Jugendlichen "die Tür zum Islamismus" zu öffnen. Die Macher setzten ihre meist sehr simplen Botschaften dabei "mit erschreckender Professionalität" in Szene, sagte Glaser.

So würden beispielsweise die Namen bekannter Rap-Musiker oder anderer Popkultur-Phänomene in Videobotschaften eingefügt, die zur Teilnahme am "heiligen Krieg" einladen. Dadurch würden Internetnutzer, die eigentlich etwas ganz anderes gesucht hätten, zu Inhalten der Islamisten weitergeleitet - und blieben dort nicht selten hängen. Der bewaffnete Kampf werde dabei als romantisches Abenteuer verklärt, Attentäter würden als gerechte Märtyrer verherrlicht, sagte Glaser. Haupterzählstrang sei die Behauptung, "der Westen" führe weltweit Krieg gegen "den Islam", wobei gezielt Empathie und Gerechtigkeitsgefühle junger Zuschauer angesprochen würden.

Die Salafisten werben Glaser zufolge in regelrechten Kampagnen mit Orientierung, Sinn, Gemeinschaft und klaren Werten in einer komplizierten Welt. Dies übe nicht nur auf junge Muslime große Anziehungskraft aus. Ähnlich gingen seit Jahren auch Rechtsextreme online auf Menschenfang, sagte Glaser. Diese seien dabei jedoch weniger zielstrebig und schlechter finanziert als ihre islamistischen Gegenstücke. Die Zahl der handwerklich ausgereiften Köder-Videos und die darin enthaltene Gewalt habe mit steigender Bekanntheit der Dschihadisten des Islamischen Staats (IS) eindeutig zugenommen, fügte der Jugendschützer hinzu.

Seit 2012 registrierte jugendschutz.net in diesem Zusammenhang 1050 eindeutige Verstöße gegen den Jugendschutz, entweder durch verstörende Gewaltbilder oder die Verwendung verfassungswidriger Symbole aus Islamistenkreisen. "Natürlich bekommen wir nur einen kleinen Teil mit", räumte Glaser ein. Wenigstens könnten so aber besonders relevante Verbreitungswege islamistischer Hasspropaganda identifiziert werden. Glaser forderte als Gegenmaßnahmen mehr und bessere Aufklärungsarbeit an Schulen und intensives Löschen einschlägiger Beiträge durch Seitenbetreiber. Zugleich räumte er ein: "Ganz wird man den Islamismus ohnehin nicht aus dem Netz bekommen." (AFP)

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