Rückzieher Netanjahus bei Nein zu Palästinenserstaat

Einen Tag vor der Wahl war Netanjahu gegen einen Palästinenserstaat, zwei Tage nach seinem Sieg ist er wieder dafür. Nur die Bedingungen seien derzeit nicht gegeben, sagt er. Die USA sind verärgert.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist nach nur drei Tagen von seinem Nein zu einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt wieder abgerückt. «Ich will keine Ein-Staat-Lösung», sagte er dem US-Sender NBC laut vorab veröffentlichten Auszügen eines Interviews, das am Donnerstag ausgestrahlt werden sollte. «Ich will eine nachhaltige, friedliche Zwei-Staaten-Lösung», sagte er demnach. Erst am Montag hatte er einen Tag vor der Wahl im Bemühen um rechte Wähler dem bisherigen Ziel eines Palästinenserstaates eine Absage erteilt.

Die Wahl am Dienstag gewann er dann überraschend klar, geriet aber wegen seines Neins zu einem Palästinenserstaat unter Druck auch engster Verbündeter seines Landes. Die USA und andere westliche Staaten betrachten die Zwei-Staaten-Lösung als einzig gangbaren Weg zu einer Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern.

Am Donnerstag hieß es noch vor dem NBC-Interview aus dem Weißen Haus, man werde nach Netanjahus Nein «weitere Schritte» überdenken müssen. Im Gespräch waren laut «New York Times», dass sich die USA für eine entsprechende Resolution im UN-Sicherheitsrat einsetzen könnten. In dem NBC-Interview schränkte Netanjahu aber gleich wieder ein, dass die Bedingungen für einen Palästinenserstaat derzeit nicht gegeben seien. Zugleich sagte er, Israel habe keinen größeren Verbündeten als die USA.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte in einem Telefongespräch mit Netanjahu, Israels Sicherheit könne im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung am besten gewährleistet werden. Sie habe Netanjahu gleichzeitig zu seinem Sieg gratuliert, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag mit. Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Josh Earnest, erklärte, die USA sähen seit mehr als 20 Jahren diese Option als Ziel für die Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern an. Zudem sei sie für die Palästinenser, die einen souveränen und unabhängigen Staat wollten, die beste Möglichkeit.

Obamas Sprecher äußerte auch große Besorgnis über Netanjahus Warnungen am Wahltag vor «Massen arabischer Wähler». Die USA seien «zutiefst besorgt über diese polarisierende Rhetorik, die darauf abzielt, arabisch-israelische Bürger an den Rand zu drängen», sagte Earnest. Man werde den Israelis diese Sorge auch «direkt mitteilen».

Izchak Herzog von Israels Mitte-Links-Bündnis will nach seiner Niederlage die Rolle eines kämpferischen Oppositionsführers übernehmen. Netanjahus Wahlsieg basiere auf «einer Kampagne mit sehr vielen Lügen und Angstmacherei», sagte Herzog.

Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zeigte sich beunruhigt. Wenn Netanjahus Äußerungen über das Ende einer Zwei-Staaten-Lösung stimmten, bedeute dies, «dass die (zukünftige) israelische Regierung es mit einer politischen Lösung nicht ernst meint».

Israels Staatspräsident Reuven Rivlin will Sonntag Beratungen mit den Fraktionschefs aufnehmen. Es gilt als sicher, dass er Netanjahu mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Netanjahus Likud-Partei kommt im neuen israelischen Parlament auf 30 der 120 Sitze.

Nach Auszählung aller Stimmen bekommt das Zionistische Lager 24 Sitze. Das arabische Parteienbündnis bleibt mit 13 Sitzen drittstärkste Kraft. Die Zukunftspartei behält 11 Sitze, Kulanu bleibt bei 10 Mandaten. Unverändert ist auch die Anzahl der Sitze der Siedlerpartei (8), der orthodoxen Schas-Partei (7) und des Vereinigten Tora-Judentums (6). Auch Israel Beitenu bleibt bei sechs Mandaten. Die linksliberale Merez zieht mit 5 Sitzen in die Knesset ein. Die Wahlbeteiligung stieg nach Auszählung aller Stimmen auf 72,36 Prozent. (dpa)