Regierung im Libanon sagt Demonstranten weiteres Entgegenkommen zu

Nach den jüngsten Massenprotesten im Libanon will die Regierung die Lage im Land mit weiteren Zugeständnissen an die Demonstranten beruhigen. Präsident Michel Aoun versprach am Donnerstag in einer landesweit übertragenen Fernsehabsprache zur Lage der Nation, er werde gegen Korruption im Staatswesen vorgehen - eine der Hauptforderungen bei den Protesten. Auch sei er offen für einen Dialog mit den Demonstranten, um die beste Lösung dafür zu finden, das Land vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren. Der Präsident schloss zudem eine Regierungsumbildung nicht aus.

Aoun sagte, er werde neue Gesetze gegen Korruption unterstützen. Dazu gehörten auch Überlegungen zur Lockerung des Bankgeheimnisses und der Immunität von Präsidenten, Ministern und Regierungsmitgliedern. Kämen solche Gesetze, könnte das Ermittlungen gegen aktuelle Amtsinhaber nach sich ziehen.

Am Montag hatte die Regierung um Ministerpräsident Saad Hariri als Antwort auf die anhaltenden Proteste bereits eiligst ein Reformpaket verabschiedet. Dazu gehörten Maßnahmen zur Stabilisierung der Staatsfinanzen, aber auch symbolische Schritte wie etwa die Kürzung der Bezüge von Ministern und Abgeordneten um 50 Prozent. Hariri hatte zudem vorgezogene Neuwahlen nicht ausgeschlossen.

Der Libanon hat eine der höchsten Verschuldungsraten der Welt. Nun ist geplant, das Staatsdefizit von aktuell rund sieben Prozent der Wirtschaftsleistung auf 0,6 Prozent im kommenden Jahr zu drücken. Dafür sollen unter anderem die Profite von Banken stärker besteuert werden. Eine Anhebung der Steuern für die Bürger soll es 2020 indes nicht geben.

In Regierung und Parteien werde diskutiert, das Kabinett umzubilden oder es mit einer Reihe von Wirtschaftsexperten komplett neu zu besetzen. Bisherige Reformversprechen gehen den Demonstranten nicht weit genug.

In den vergangenen Tagen hatten Hunderttausende Menschen im ganzen Land vor allem gegen Korruption und Vetternwirtschaft demonstriert. Straßen wurden blockiert, Schulen, Geschäfte und Banken blieben geschlossen. Auch nach Hariris Rede am Montag riss die Kritik nicht ab. "Lügen, Lügen, Lügen", hatte ein Demonstrant gesagt. Nichts werde passieren. "Sie regieren doch schon so lange. Wenn sie gewollt hätten, dann hätten sie längst alles tun können."

Unterdessen bemühen sich Soldaten teilweise mit Gewalt, blockierte Straßen freizugeben und die öffentliche Ordnung wieder herzustellen. Truppen der libanesischen Armee versuchten am Mittwoch laut Augenzeugen, die versammelten Menschen auseinanderzutreiben. Demnach drängten die Soldaten, die mit gepanzerten Fahrzeugen angerückt waren, die Demonstranten zur Seite und bauten deren Barrikaden ab.

Teils spielten sich bewegende Szenen ab. "Wir demonstrieren auch für eure Familien", sagten einige Demonstranten im Gespräch mit Soldaten, wie auf Videos in sozialen Medien zu sehen war. Andere schenkten den Uniformierten weiße Blumen. In einem Video war ein Soldat zu sehen, dem während des Einsatzes auf der Straße die Tränen kommen. (Reuters/dpa)