Ramadan-TV in Ägypten: Muslim liebt Jüdin

Laila und Ali lieben sich. Sie ist die Tochter eines Händlers, er Armeeoffizier. Die Serie könnte eine X-Beliebige sein, wäre da nicht das Detail, dass sie Jüdin ist und er Muslim - und ihre Geschichte mitten im Ramadan ausgestrahlt wird. Keine andere Serie erzeugt in der arabischen Welt derzeit soviel Gesprächsstoff wie «Das jüdische Viertel» aus Ägypten. Wohl noch nie hat die jüdische Gemeinschaft eine derartige mediale Aufmerksamkeit erhalten, ohne vorurteilsbehaftet dargestellt zu werden. Es gibt viel Zuspruch – und auch Ablehnung.

Die Geschichte beginnt 1948, in dem Jahr der Staatsgründung Israels. Die Serie zeigt ein Kairo, in dem Muslime, Juden und Christen friedlich zusammenleben und sich als Ägypter verstehen. Die Religion spielt zwar auch im kosmopolitischen Kairo eine Rolle, ist aber kein unüberwindbares Hindernis. Als die Jüdin Laila einem Freund von Ali erzählt, sagt sie: «Gott hat uns zueinander geführt». Auf welche Weise sie an diesen Gott glauben, ist dabei egal.

Seit 1979 leben Ägypten und Israel nach vier arabisch-israelischen Kriegen offiziell in Frieden. Doch die Bewohner des Nachbarlandes stoßen am Nil nach wie vor auf Feindseligkeit und Antisemitismus. Heute leben so gut wie gar keine Juden mehr in Ägypten. Viele mussten das Land nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 verlassen. Entsprechend weit gehen die Meinungen über «Das Jüdische Viertel» auseinander. Auf der offiziellen Facebookseite der Serie finden sich Kommentare wie «das waren schöne Zeiten, als wir noch ohne Hass und Angst zusammenleben konnten». Ein anderer Nutzer schreibt: «Diese Sendung muss gestoppt werden, denn sie ist voller ethischer und historischer Fehler.»

Israelische Medien feiern die Show dagegen überwiegend. «Ein großes Ding» und «Statement» für die ägyptische Bevölkerung, befindet der Sender «i24News». Die israelische Botschaft in Kairo teilte nach der Ausstrahlung der ersten Folge mit: «Wir haben zum ersten Mal gespürt, dass die wirkliche Natur der Juden dargestellt wird (...) und das preisen wir.»

Die große Beachtung des «Jüdischen Viertels» hängt auch mit der Zeit zusammen, in der die Serie gezeigt wird. Denn der Ramadan ist in der muslimischen Welt nicht nur Fasten-, sondern auch Fernsehmonat. Die teuersten «Musalsals» - Seifenopern - des Jahres laufen seit gut einer Woche. Die Sender verdienen mit den Werbepausen so gut wie sonst nie. Beim Kommerz steht der Ramadan dem Weihnachten in Europa in nichts nach.

Viele Familien kommen Abend für Abend nach dem «Iftar», dem täglichen Fastenbrechen, vor dem Fernsehgerät zusammen und schauen gemeinsam die neuesten Folgen. Historische Sujets, die vermeintlich bessere Zeiten behandeln und verherrlichen, sind besonders beliebt.

Zu den erfolgreichsten «Musalsals» aller Zeiten gehört die Serie «Bab al-Hara» («Das Tor des Stadtviertels»). Sie spielt in der Zeit zwischen den Weltkriegen und dreht sich um das Leben in einer Nachbarschaft der syrischen Hauptstadt Damaskus. Die Serie war so erfolgreich, dass der populäre Kanal MBC in diesem Ramadan schon die siebte Staffel zeigt.

Aber kann eine Fernsehserie wie «Das Jüdische Viertel» wirklich zur Völkerverständigung beitragen, tatsächlich eine tiefe Antipathie auflockern? Israelische Kommentatoren haben diesen Wunsch. Drehbuchautor Medhat el-Adl äußert sich zu dieser Debatte nicht direkt. «Ich will den Zuschauern zeigen, dass Religion nur etwas mit der eigenen Beziehung zu Gott zu tun hat und nichts mit der Nationalität», sagt er. (dpa)