Rafik Schami: „Islamphobie ist der salonfähige Antisemitismus“

Der syrisch-stämmige Schriftsteller Rafik Schami wirft prominenten deutschen Intellektuellen vor, in der Flüchtlingsdebatte Hass auf den Islam zu schüren. «Die Islamophobie ist der salonfähige Antisemitismus», sagte Schami, der seit 1971 in Deutschland lebt, dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Dienstagsausgabe). Er bezog sich mit seiner Kritik auf die Philosophen Peter Sloterdijk, Rüdiger Safranski und auf die Schriftsteller Reinhard Jirgl, Botho Strauß und Franz Böckelmann.

Es klinge lächerlich, wenn «diese Hasser» die Sorge um die jüdischen Mitbürger als Grund ihrer Verachtung der Muslime in diesem Land angeben, sagte Schami. 40 Jahre seine Lebens im Exil bemühe er sich, gemeinsam mit jüdischen, arabischen, israelischen und palästinensischen Freunden, Palästinenser und Israelis zu versöhnen. Nie sei einer der genannten Intellektuellen «auch nur in Sichtweise» anzutreffen gewesen.

In seinen 35 Jahren als Autor in Deutschland habe er «keine Kollegialität geschweige denn Gastfreundschaft, sondern Feindseligkeit aus diesen Kreisen erfahren», fügte Rafik Schami hinzu. Er danke seinem Publikum, dass er im Exil nicht auf die Hilfe dieser Kreise angewiesen gewesen sei.

Der Autor rief angesichts der Flüchtlinge, die nach Europa kommen, zu Nüchternheit auf. «Über 700 Millionen Europäer haben Angst vor zwei Millionen Flüchtlingen, während elf Millionen Jordanier und Libanesen - allein im Stich gelassen - bisher circa drei Millionen Flüchtlinge beherbergten.» Die EU werde daran nicht zerbrechen. Aber es könnte sich eine Mehrheit gegen Deutschland bilden, wenn es Deutschland nicht gelinge, schnell und dauerhaft Verbündete zu gewinnen.

Schami, der in Deutschland unter anderem durch unzählige märchenhafte Erzählungen bekannt wurde, fordert von den Flüchtlingen in Deutschland Dankbarkeit und Respekt vor dem «christlichen Abendland» mit seinen Freiheiten, seinen Werten und Gesetzen ein.

Flüchtlinge müssten die Gleichheit von Mann und Frau ebenso achten wie die Rechte von Homosexuellen, sagte Schami. Dankbarkeit für die Aufnahme in Deutschland bestehe nicht darin, «unterwürfig und schleimig gegenüber den Deutschen zu sein, um insgeheim rassistisch über sie zu denken», sondern vor allem im Respekt gegenüber den Helfern. (KNA)

Interview mit Rafik Schami auf qantara.de