Räumung des «Dschungels» von Calais hat begonnen

Die Räumung des als "Dschungel" bekannten Flüchtlingslagers im nordfranzösischen Calais hat begonnen: Um Punkt 8.00 Uhr öffneten am Montagmorgen die Tore eines nahe des Lagers eingerichteten Versammlungspunktes für die Flüchtlinge. Von dort aus sollen in den kommenden Tagen zwischen 6.000 und 8.000 Flüchtlinge mit Bussen in Aufnahmezentren im ganzen Land gebracht werden - der "Dschungel" soll dann verschwinden.

 Bereits am frühen Morgen versammelten sich zahlreiche Flüchtlinge vor den Toren des Transitzentrums, einer Art improvisiertem Busbahnhof. "Es ist besser, jetzt zwei Stunden zu warten als dann zwei Tage", sagte ein sudanesischer Flüchtling. Ein anderer Flüchtling sagte, er sei schon um 4.00 Uhr morgens angekommen.

Der erste Bus mit Flüchtlingen fuhr dann gegen 8.40 Uhr ab. Insgesamt 60 Busse sollen am Montag abfahren und zwischen 2.000 und 2.500 Flüchtlinge in Unterkünfte im ganzen Land bringen. In den kommenden Tagen werden dutzende weitere Busse starten. Schon am Dienstag wollen die Behörden damit beginnen, Zelte und Hütten abzureißen, in denen die Flüchtlinge bislang wohnten.

Die Räumung des Flüchtlingslagers wurde intensiv vorbereitet. Allerdings wollen viele Flüchtlinge den "Dschungel" nicht verlassen: Sie hoffen, von Calais aus heimlich nach Großbritannien zu gelangen. "Sie müssen uns zwingen zu gehen", sagte ein afghanischer Flüchtling am Sonntag. "Wir wollen nach Großbritannien."

Die Regierung droht Flüchtlingen, die das Lager nicht verlassen, mit einer Festnahme. Es gibt auch Sorgen vor Ausschreitungen. In den vergangenen Nächten hatten sich immer wieder Flüchtlinge Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Die Flüchtlinge warfen Steine auf die Beamten, diese setzten Tränengas ein. Rund 1.250 Polizisten werden die Räumung des Lagers deswegen absichern.

Mit der Räumung des als "Dschungel" von Calais bekanntgewordenen Flüchtlingslagers sieht das Mitglied der Hilfsorganisation Cap Anamur, Frank Jablonski, keine Hoffnung, dass sich die Lage bessert. Er halte das Vorhaben, das Lager in der französischen Hafenstadt innerhalb  einer Woche zu räumen, für "eher falsch", sagte Jablonski am Montag SWRinfo. "Man hätte in den letzten Jahren aktiv werden müssen - mit Sozialarbeitern, mit Betreuern, mit Möglichkeiten, Asylanträge zu stellen." Berichten zufolge hatten die Behörden am Morgen mit der Räumung begonnen, zahlreiche Bewohner wehren sich dagegen.

Die Zustände in dem Camp seien katastrophal, so Jablonski. Es habe sich auf einer Müllkippe am Rande der Stadt entwickelt. Trotzdem wollten etliche Flüchtlinge den Ort nicht verlassen. Die Menschen seien in weiten Teilen nicht bereit, ihre Verteilung auf reguläre Flüchtlingslager zu akzeptieren. "Die haben das ganz klare Ziel, nach Großbritannien zu gelangen zur Familie."

Jablonski sagte, er erwarte zwei mögliche Reaktionen der Flüchtlinge. "Die werden jetzt entweder das Lager verlassen und sich in den umliegenden Wäldern verstecken, dort campieren und es wird ein neues Lager entstehen, oder ich befürchte, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen wird." (AFP/KNA)

Bildergalerie: Im "Dschungel" von Calais