Qatar-Krise spitzt sich zu - Golfstaaten fordern Ende Al-Jazeeras

Ein Katalog mit 13 ultimativen Forderungen an Qatar macht deutlich, worum es in dem Konflikt auch geht: den Führungsanspruch Saudi-Arabiens in der Region. Das Emirat will «angemessen» antworten. Der türkische Präsident Erdogan ist erzürnt. Von Jan Kuhlmann

Die schwere diplomatische Krise zwischen Qatar und vier arabischen Staaten spitzt sich weiter zu: Das Emirat soll binnen zehn Tagen unter anderem seine Beziehungen zum Iran einschränken, die türkischen Soldaten aus dem Land werfen und den Sender Al-Jazeera dicht machen. Die Forderungen sind Teil einer Liste mit insgesamt 13 Punkten, die Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate am Donnerstag an Qatar übergeben ließen, deren Inhalt aber erst später bestätigt wurde.

Die Regierung in Doha bestätigte den Erhalt. Sie kündigte die Prüfung der Vorgaben an, um eine angemessene Antwort vorzubereiten, wie die staatliche qatarische Nachrichtenagentur QNA unter Berufung auf das Außenministerium berichtete.

Die vier arabischen Staaten hatten am 5. Juni ihre diplomatischen Beziehungen zu Qatar abgebrochen, den Luftverkehr gestoppt und die Grenzen geschlossen. Weitere sunnitisch-islamische Staaten schlossen sich der Blockade an. Sie beschuldigen Qatar, Terrororganisationen zu unterstützen.

Der Forderungskatalog zeigt indes, dass es in dem Konflikt längst nicht mehr allein um den Vorwurf der Nähe Qatars zu extremistischen Gruppen geht. Punkt eins der Liste sieht vor, dass das Emirat die Beziehungen zum Iran kappt oder auf ein Minimum reduziert: Jegliche militärische oder geheimdienstliche Zusammenarbeit müsse beendet, die diplomatischen Vertretungen Qatars im Iran müssten geschlossen werden. Der schiitische Iran und das sunnitische Königshaus von Saudi-Arabien konkurrieren um die Vorherrschaft in der Region.

Qatar dürfe sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen, hieß es. In Punkt zwei verlangen die vier Staaten konkret, dass der derzeit in Qatar im Bau befindliche türkische Militärstützpunkt sofort geschlossen werde. Qatar müsse jede militärische Kooperation mit der Türkei innerhalb Qatars beenden.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nannte die Forderung am Sonntag respektlos. «Wenn wir mit irgendeinem Land ein Verteidigungsbündnis abschließen, fragen wir etwa jemanden um Erlaubnis?», sagte Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in Istanbul. Die Übermittlung der Forderungsliste an Qatar verstoße zudem gegen internationales Recht.

Das türkische Außenministerium verteidigte unterdessen die militärische Zusammenarbeit und betonte, es gehe bei der Stationierung der Truppen darum, Qatar bei der militärischen Ausbildung zu unterstützen und einen Beitrag zur Sicherheit in der Region zu leisten. «Unsere Aktivitäten richten sich nicht gegen ein bestimmtes Land», hieß es in einer Erklärung. Erdogan hatte wiederholt das Vorgehen gegen Qatar kritisiert und den saudischen König Salman gebeten, den Konflikt beizulegen.

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) warfen Qatar vor, die Liste mit den Forderung an die Medien durchgestochen zu haben. Dieses «kindische Verhalten» untergrabe die Vermittlungsbemühungen. Qatar beschuldigte seinerseits die Blockade-Staaten der Veröffentlichung.

Die Liste sieht des weiteren vor, dass Qatar sämtliche Verbindungen zur Muslimbruderschaft, zur libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah, zum sogenannten Islamischen Staat und zu anderen terroristischen und «sektiererischen» Organisationen kappt.

Außerdem müssten der Nachrichtensender Al-Jazeera und alle direkt und indirekt von Qatar geförderten Medien wie «Arabi21», «Rassd» und «Sharq» geschlossen werden. Qatar habe zehn Tage Zeit, um die Forderungen zu erfüllen. Beobachter sprechen von harten Vorgaben, die Qatar voraussichtlich nicht erfüllen werde.

Al-Jazeera wies Rufe nach seiner Schließung zurück. Die Forderungen seien nichts anderes als ein Versuch, die Meinungsfreiheit in der Region und das Recht der Menschen auf Information zu unterdrücken. Die Liste sieht auch vor, dass Qatar polizeilich gesuchten Bürgern Saudi-Arabiens, Ägyptens, der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains die Einbürgerung verweigern soll. Die Regierung solle zudem jenen die qatarische Staatsbürgerschaft entziehen, bei denen eine Doppelstaatsbürgerschaft die Gesetze ihres Herkunftslandes verletzt. (dpa)