Mit dem Smartphone nach Mekka

Auch bei uralten religiösen Ritualen kommen heute soziale Netzwerke zum Einsatz. Zum Beispiel bei der Hadsch. Facebook und Twitter sind unter den muslimischen Pilgern inzwischen weit verbreitet. Ali-Almakhlafi berichtet.

Von Ali Almakhlafi

"Morgen gehe ich nach Mekka. Seid mir nicht böse, falls ich irgendeinen von euch einmal geärgert habe (:". Kurz vor Erreichen der Heiligen Stadt noch mal schnell um Vergebung bitten - mit Twitter und Facebook ist dies für Pilger auf dem Weg nach Mekka kein Problem mehr.

Wenn gläubige Muslime die Kaaba umrunden, sind immer öfter ihre Freunde in den sozialen Netzwerken dabei. In Echtzeit teilen die Pilger so ihre Eindrücke mit der ganzen Welt. Oder sie nutzen ihre Smartphones ganz praktisch: um sich mit den Hadsch-Ritualen vertraut zu machen, untereinander Kontakte zu knüpfen oder günstig mit ihren Familien zu Hause zu kommunizieren.

Pilger an der Kaaba; Foto: DW
Zur Kaaba mit Google-Maps, zur begehrten Unterkunft in Mekka via Facebook: Soziale Netzwerke und das Internet begleiten Pilger heute auf Schritt und Tritt.

​​Auf Facebook-Seiten konkurrieren zudem Herbergen und Reiseführer mit Anzeigen um die Gunst der Pilger. Kein Zweifel: Neue Medien liegen im Trend bei der größten religiösen Zusammenkunft der Welt.

Auch Gelehrte nutzen Twitter

Soziale Netzwerke begleiten Pilger nicht nur während der Vorbereitung der Reise, sondern auch bei den Ritualen in Mekka. Einige teilen auf Facebook ihre Gefühle während der Hadsch mit: "Friede sei mit euch. Ich bin derzeit in der Heiligen Stadt Mekka. Gerade war ich an der Kaaba - etwas Unbeschreibliches", postet ein Mann auf Arabisch.

Andere laden Videos bei YouTube hoch - über lustige Ereignisse oder interessante Menschen. Ein Video heißt zum Beispiel "Der kleinste Pilger der Welt in Mekka". Es stellt einen Pilger vor, der kleiner als einen Meter ist. Andere posten politische Kommentare: "Gelder aus der Hadsch sollten in Projekte fließen, die den Menschen in Somalia helfen", schreibt eine Pilgerin.

Auch muslimische Gelehrte geben ihre Ratschläge über Twitter weiter. Sheich Ayed Al-Qarni schreibt: "Pilger, die schon oft die Hadsch gemacht haben, sollten nicht mehr selbst nach Mekka pilgern. Sie sollten mit dem Geld andere Muslime unterstützen, die sich die Hadsch alleine nicht leisten können." Ein europäischer Pilger gibt auf Facebook Tipps, wo man übernachten kann, wann man zur nächsten Station aufbricht und welches Verkehrsmittel am besten ist.

"iPhone-Apps" für Pilger

Ali Almakhlafi; Foto: DW/dpa
Ali Almakhlafi, 1979 im jemenitischen Taiz geboren, arbeitet als Reporter der Deutschen Welle sowie als Dozent für arabische Sprache an der Universität Bonn. Im vergangenen Jahr berichtete er in seinem Online-Tagebuch von seiner Hadsch in Mekka.

​​Der Apple-Konzern bietet auf der Website "iPhone-Islam" kostenlose Anwendungen für die Reise nach Mekka, zum Beispiel kann man alle Gebete der Hadsch nachlesen. Manche Apps werden in mehreren Sprachen angeboten; andere enthalten riesige Enzyklopädien religiöser Lehren als Audio-Dateien oder e-Books.

"Vielen Dank an alle Verantwortlichen für die Entwicklung dieser Website. Ich bete für sie bei meiner Pilgerfahrt dieses Jahr", kommentiert dankbar ein Pilger auf der Website "iPhone-Islam". Lokale Telekommunikationsgesellschaften liefern sich einen harten Wettbewerb mit Flatrates, Freiminuten und hohen Übertragungsraten.

Für Wirbel in der Online-Community sorgte kürzlich das Schicksal des kanadischen Imams Osama Al-Attar. Der Schiit und gelernte Biochemiker war von den saudischen Behörden während der Hadsch verhaftet worden, weil er einige Gebete auf dem Friedhof Baqi in Medina gelesen hatte. Schiiten dürfen nach der saudischen Auslegung des Islam aber nicht auf Friedhöfen beten. Der Imam soll mittlerweile freigelassen worden sein, nicht zuletzt wegen des Drucks der öffentlichen Meinung.

Die saudischen Behörden beschäftigen sich aber auch selbst mit neuen Medien: Rund um die Uhr bieten sie Pilgern online Unterstützung an. Der elektronische Dienst auf Facebook und Twitter ist unter dem Namen "i.haj" zu finden.

Ali Almakhlafi

© Deutsche Welle 2011

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de