Ohne Panzerwagen: Was der Papst in Ägypten will

Als zweiter Papst der Neuzeit besucht Franziskus Ägypten, um ein Zeichen für den Frieden zu setzen. Doch der Besuch ist nicht ohne. Und Franziskus geht ein zusätzliches Risiko ein. Von Annette Reuther und Benno Schwinghammer

Der letzte Papstbesuch in Ägypten liegt fast 20 Jahre zurück. Im Jahr 2000 kniete Papst Johannes Paul II. als erstes Katholikenoberhaupt der Neuzeit am Berg Sinai und rief die Religionen zum Frieden auf. Jetzt liegen Revolutionen und Regierungsstürze hinter dem größtenteils muslimischen Land - einem Schwergewicht im Nahen Osten, das seit Jahren nicht zur Ruhe kommt. Terroranschläge und Menschenrechtsverletzungen zeichnen das Image des Landes. Trotzdem, oder gerade deshalb, macht sich Papst Franziskus am Freitag auf den Weg zu einem zweitägigen Besuch in das bevölkerungsreichste Land der arabischen Welt. Schon vorab wird er als historisch eingestuft.

Der Besuch in Kairo, der unter dem Motto «Pope of Peace in Egypt of Peace» («Papst des Friedens in Ägypten des Friedens») steht, kommt zu einer kritischen Zeit. Erst vor etwa zwei Wochen starben bei einem Anschlag am Palmsonntag auf zwei christliche Kirchen in Nordägypten mehr als 40 Menschen. «Ich möchte, dass dieser Besuch eine persönliche Geste des Trostes und der Ermutigung für alle Christen im Nahen Osten sei, eine Botschaft der Freundschaft und Wertschätzung an alle Einwohner Ägyptens und der gesamten Region», sagte der 80-jährige Pontifex vorab in einer Videobotschaft.

Die Sicherheitsvorkehrungen werden extrem hoch sein. «Wir machen uns keine Sorgen», sagte Papst-Sprecher Greg Burke. Aber ein Risiko gebe es überall, egal ob in Frankreich, den USA oder eben in Ägypten. Der Papst werde in Kairo auf eigenen Wunsch nicht mit einem gepanzerten Wagen unterwegs sein, sondern mit einem normalen Auto. «Er will eben auch ein positives Signal setzen», so Burke. Allerdings soll es keine Fahrt mit dem Papamobil geben.

Dass der Papst die Reise nicht abgesagt hat, wurde in Ägypten mit großer Erleichterung und Dankbarkeit aufgenommen. Dies zeige «das komplette Vertrauen in Ägyptens Fähigkeit, die Sicherheit für seine Besucher zu gewährleisten», sagte Abbas Schuman, Untersekretär der Al-Azhar-Universität und eine bekannte religiöse Persönlichkeit in Ägypten. Nicht zuletzt hofft die Führung in Kairo, dass viele - mutmaßlich verängstigte - Urlauber dem Beispiel des Papstes folgen und trotz Terrormeldungen nach Nordafrika reisen.

Auch aus Sicherheitsgründen sei die Messe am Samstag auf das Gelände eines Militärflugplatzes außerhalb der ägyptischen Hauptstadt verlegt worden, sagte der Bischof von Luxor und Vorsitzende des Organisationskomitees, Emmanuel Bischai, der italienischen Agentur SIR. Bis zu 25000 Menschen werden erwartet. Ursprünglich war die Messe in einem Stadion geplant. «Für unsere Christen wird mit dem Papst-Besuch ein Traum war», sagt Bischai.

Etwa zehn Prozent der Bevölkerung in Ägypten sind Christen, die meisten Kopten. Von den mehr als 90 Millionen Einwohnern sind nach Angaben des Vatikans gerade mal 272 000 Katholiken.

Der Besuch sei nach den Anschlägen ein «Zeichen der Nähe», sagte Papstsprecher Burke. Der argentinische Pontifex wird bei dem Besuch auch Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi und den einflussreichen Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed Mohammed al-Tajjib, treffen. Höhepunkt soll eine Rede bei einer Friedenskonferenz werden. Zudem ist eine Begegnung mit dem koptischen Papst Tawadros II. vorgesehen.

Franziskus treibt seit Beginn seiner Amtszeit den Dialog der Religionen voran. Es sei falsch, den Islam mit Terrorismus gleichzusetzen, auch Katholiken begingen Verbrechen, betonte er immer wieder. Fundamentalisten seien «gottlos». Mit dieser Ansicht hat der Papst in Ägypten Verbündete: Nicht nur der Staatschef, auch Großscheich Al-Tajjib betont immer wieder die Wichtigkeit im Kampf gegen den islamistischen Extremismus. «Terroristen, unter welcher Flagge sie auch immer unterwegs sind, lehnen wir ab», hatte Al-Tajjib 2016 bei einem Deutschland-Besuch gesagt. Auch das friedliche Nebeneinander der Religionen gilt als Hauptanliegen am Nil.

Doch der Besuch brachte im Vorfeld Kritiker auf. Sie monierten, dass der Papst bei einem Treffen mit dem autoritären Präsidenten Al-Sisi einer Unterdrückerregierung eine Legitimation erteile. Tatsächlich ist die Menschenrechtslage in Ägypten verheerend, die Verfolgung der – zum Teil auch moderaten - Mitglieder der islamistischen Muslimbrüder wird scharf kritisiert. Viele Menschen fühlen sich unfreier als zu den Zeiten von Langzeit-Präsident Husni Mubarak.

Doch am Ende scheint beim Papst wie auch bei den meisten Regierungen der Wunsch zu überwiegen, Ägypten als relativ stabiles Land inmitten der Krisenherde der arabischen Welt zu stützen. Darauf hoffen nicht zuletzt auch die Millionen Christen im Land. (dpa)