Nizza-Anschlag vor fünf Jahren diente Islamisten als unheilvolles Vorbild

Nizza. Am Mittwoch jährt sich der Lkw-Anschlag von Nizza mit 86 Toten zum fünften Mal. In dem französischen Badeort an der Côte d'Azur ist eine Gedenkzeremonie geplant. Längst nicht alle Hintergründe der Tat ließen sich bisher aufklären:



Was geschah in Nizza am 14. Juli 2016?

Der Tunesier Mohamed Lahouaiej-Bouhlel raste am französischen Nationalfeiertag mit einem weißen Lastwagen in eine Menge von rund 30.000 Menschen, die sich auf der Uferpromenade von Nizza für das traditionelle Feuerwerk versammelt hatte. Er tötete 86 Menschen und verletzte mehr als 200 weitere. Nach seiner rund zweiminütigen Todesfahrt wurde der Tunesier von der Polizei erschossen.



Was ist über den Täter bekannt?

Auch fünf Jahre nach dem Anschlag tappen die Ermittler bei den Motiven des Täters weitgehend im Dunkeln: Lahouaiej-Bouhlel war den französischen Geheimdiensten nicht als Islamist bekannt. Der 31-Jährige lebte seit 2007 in Nizza, arbeitete als Fahrer für einen Lieferdienst und hatte sich unbemerkt radikalisiert, wie die Ermittlungen ergaben. Den Behörden zufolge könnte er Aufrufen von Dschihadistengruppen aus Syrien oder dem Irak gefolgt sein. Auch eine psychische Störung gilt als nicht ausgeschlossen.



Wer stand hinter dem Anschlag?

Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich. Die Ermittlungen ergaben allerdings keine Hinweise auf direkte Verbindungen zwischen dem Täter und der IS-Miliz oder anderen bekannten extremistisch-islamistischen Gruppen, er hinterließ auch kein Bekennerschreiben. Allerdings hatte sich Lahouaiej-Bouhlel laut den Ermittlern vor der Tat immer wieder islamistische Propaganda mit zum Teil extremer Gewalt angeschaut.



Hatte der Täter Komplizen?

Die französische Justiz hält drei Männer für Komplizen des Täters und will sie wegen "Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe" anklagen. Allerdings ist nach Angaben der Untersuchungsrichter nicht nachweisbar, dass sie "präzise Kenntnisse des Terror-Plans" hatten. Einer von ihnen, Chokri Chafroud, soll eine Art Mentor Lahouaiej-Bouhlels gewesen sein. Er soll den Tunesier aufgefordert haben, einen Lkw schwer zu beladen und ihm die Bremskabel durchzuschneiden.



Wird es eine juristische Aufarbeitung geben?

Der Prozess soll am 5. September 2022 vor einem Pariser Sonderschwurgericht beginnen. Den drei mutmaßlichen Komplizen drohen lebenslange Haftstrafen. Fünf weitere Angeklagte, darunter eine Frau, sollen dem Täter Waffen beschafft haben - unter anderem eine Pistole, mit der er auf die Polizisten schoss. An dem Prozess wollen mehr als 850 Zivilkläger teilnehmen, darunter Hinterbliebene der Opfer.



Bezogen sich andere Islamisten bei Anschlägen auf Nizza?

Vor allem der Berlin-Attentäter Anis Amri soll sich den Anschlag von Nizza zum Vorbild genommen haben. Amri raste rund sechs Monate später, im Dezember 2016, mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz und tötete zwölf Menschen. Aber auch Attentäter in Stockholm, London oder Barcelona verwendeten nach Nizza Lieferwagen als Waffen. IS-Propagandachef Abu Muhammad al-Adnani hatte bereits 2014 dazu aufgerufen, "Ungläubige" in westlichen Staaten zu töten, etwa mit Fahrzeugen. (AFP)