Niedrige Beteiligung an Parlamentswahl im Libanon

Beirut. Bei den Parlamentswahlen im Libanon zeichnen sich die "Libanesischen Kräfte" (FL) als große Gewinner ab. Ein landesweiter Rückgang steht für die "Freien Patriotische Bewegung" (CPL) des libanesischen Präsidenten Michel Aoun zu befürchten, wie die Zeitung "L'Orient le Jour" am Montag berichtete. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben des libanesischen Innenministeriums von Montagmorgen mit rund 41,4 Prozent rund sieben Prozent unter der Beteiligung an den letzten Parlamentswahlen von 2018 (48,68 Prozent).

Es handelt sich demnach um die niedrigste Beteiligung an einer Parlamentswahl in der Geschichte des Landes. Unklar war zunächst, ob die Zahlen auch die Stimmen der im Ausland lebenden Libanesen beinhalteten. Rund 220.000 Auslandslibanesen hatten sich für die Wahl registrieren lassen. Ihre Beteiligung lag mit 63 Prozent etwa dreimal so hoch wie bei früheren Wahlen. Offizielle Zahlen zu den Wahlergebnissen werden für Montag erwartet.

Laut "L'Orient le Jour" könnte die niedrige Wahlbeteiligung unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass die Liste der registrierten Wähler nicht aktualisiert wird und daher auch Personen umfasst, die ausgewandert oder verstorben sind. Ferner sei die Wahlbeteiligung in Gebieten mit sunnitischer Mehrheit nach ersten Ergebnissen stark zurückgegangen. Dies sei wahrscheinlich auf den Rückzug des früheren Ministerpräsidenten Saad Hariri und seinen Aufruf zum Wahlboykott zurückzuführen.

Die Teilergebnisse deuten darauf hin, dass das neue Parlament durch eine stärkere Polarisierung zwischen einem Pro-Hisbollah- und einem Anti-Hisbollah-Lager geprägt sein wird, wie es hieß. Zudem sei es zu einer Wählerwanderung zwischen den beiden großen christlichen Parteien CPL und FL gekommen. Die 17 Jahre lang von der schiitischen Hisbollah dominierte christliche Öffentlichkeit habe "die Seiten gewechselt", sagte FL-Vorsitzender Samir Geagea am Sonntagabend in einem Fernsehinterview.

Der amtierende Ministerpräsident Nadschib Mikati bezeichnete die Wahl laut Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur "NNA" (Sonntagabend) als einen "Erfolg in jeder Hinsicht". Er äußerte die Hoffnung, dass "aus diesen Wahlen ein Parlament hervorgeht, das mit der künftigen Exekutive zusammenarbeitet, um dem Libanon aus seiner derzeitigen Krise zu helfen".

In mehreren Wahlkreisen wurden die Wahlen laut örtlichen Medien von Unruhen überschattet, wegen denen teilweise die Stimmabgabe in den Wahllokalen unterbrochen werden musste. Bei Auseinandersetzungen an einem Wahllokal im Norden des Landes wurden nach Angaben der Libanesischen Streitkräfte fünf Personen verletzt. Gleichzeitig kam es am Wahltag zu Gerüchten über Stimmenkäufe.

Trotz vereinzelter "kleinerer Probleme" sprach der Leiter der EU-Beobachtermission, György Hölvenyi, laut örtlichen Medien von einer weitestgehend ruhigen Wahlatmosphäre. Als problematisch bezeichneten die Beobachter, dass zwei Drittel der Wahllokale für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ohne fremde Hilfe nicht oder nur schwer zugänglich seien. Ein detaillierter Bericht der Beobachter zu der Wahl soll am Dienstagvormittag veröffentlicht werden. (KNA)