Neuer politischer Wirbel im Fall Regeni: Italien ruft Botschafter aus Ägypten zurück

Mehr als zwei Monate nach dem gewaltsamen Tod eines italienischen Studenten in Kairo hat Italien seinen Botschafter in Ägypten zu Beratungen zurückgerufen. Die Regierung in Rom protestiert damit gegen die mangelnden Fortschritte der ägyptischen Ermittler im Fall Giulio Regeni, wie Außenminister Paolo Gentiloni am vergangenen Freitag mitteilte. "Wir wollen nur eine Sache: Die Wahrheit über das, was mit Giulio passiert ist", erklärte Gentiloni im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Der 28-jährige Regeni war am 25. Januar im Zentrum von Kairo verschwunden. Seine entstellte und von Folterspuren gezeichnete Leiche wurde neun Tage später an einer Autobahn am Stadtrand von Kairo gefunden. Der Italiener, der an der britischen Cambridge-Universität studierte, arbeitete an einer Doktorarbeit über unabhängige Gewerkschaften in Ägypten. Dazu hatte er auch Kontakt zur Opposition.

Rom bezweifelt die offizielle ägyptische Version, wonach der junge Mann Opfer einer Bande von Kriminellen geworden sein soll. Der italienische Regierungschef Matteo Renzi erklärte Ende März, sein Land werde sich nicht mit einer "bequemen" Version der Wahrheit zufrieden geben.

Italienische Medien und westliche Diplomaten in Kairo schließen nicht aus, dass Teile des ägyptischen Sicherheitsapparats hinter Regenis Ermordung stecken. Kairo bestreitet das. Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hatte in einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Repubblica" versprochen, dass in Zusammenarbeit mit den Behörden in Italien alles unternommen werde, um die Wahrheit herauszufinden.

Am letzten Mittwoch und Donnerstag hatten ägyptische und italienische Ermittler in Rom über den Fall beraten. Die ägyptische Delegation legte nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Rom ihre bisherigen Ermittlungsergebnisse vor, darunter Telefondaten von ägyptischen Freunden Regenis. Die italienischen Ermittler hatten außerdem gefordert, Bilder von Überwachungskameras vorgelegt zu bekommen.

Die ägyptischen Ermittler gehen nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Rom immer noch davon aus, dass Regeni Opfer einer Entführerbande wurde, deren Mitglieder im März von der Polizei erschossen wurden. Die italienischen Ermittler hätten dagegen bekräftigt, dass es keinerlei Hinweise auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Entführerbande und dem Tod Regenis gebe.

Unterdessen lehnt die ägyptische Staatsanwaltschaft weiterhin eine Herausgabe von Handydaten des Opfers ab. Eine entsprechende Forderung Italiens werde nicht erfüllt, weil sie die ägyptische Verfassung und Telekommunikationsgesetze des Landes verletzte, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Mostafa Sulaiman am letzten Samstag.

Mit Botschafter Maurizio Massari wollten die Behörden nun über das weitere Vorgehen beraten, teilte das italienische Außenministerium mit. Es müsse sichergestellt werden, dass die Wahrheit über den «barbarischen Mord» ans Licht komme. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind wegen des Falls seit Wochen angespannt. (AFP/dpa)

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