Neue US-Sanktionen versetzen Iraner in Unruhe

Die Iraner sind Sanktionen gewöhnt, doch die Aussicht auf die neuen Finanz- und Handelsbeschränkungen der USA versetzt sie dann doch in Unruhe.

Viele befürchten den völligen Absturz der Währung, wenn am kommenden Montag die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafmaßnahmen in Kraft treten, und investieren in Dollar und Gold, um ihr Erspartes zu schützen. Viele Bürger füllen auch ihre Vorräte auf aus Angst, dass es zu Versorgungsengpässen kommt.

"Die Leute fürchten, dass wenn sie die Dinge heute nicht kaufen, sie morgen nicht mehr verfügbar sein werden", sagt Ali, der im Großen Basar von Teheran Küchenwaren verkauft. Tatsächlich habe er schon jetzt Probleme, an Nachschub zu kommen, da Großhändler ihre Waren zurückhielten, bis die Folgen der Sanktionen klarer seien. Denn bis heute ist nicht deutlich, wie die Strafmaßnahmen aussehen werden, die am 6. August in Kraft treten.

"Niemand weiß wirklich, was die Sanktionen sein werden. Die Trump-Regierung macht das mit Absicht, damit sich alle bedroht fühlen", sagt ein westlicher Geschäftsmann, der in Teheran im Öl- und Gassektor tätig ist. Einige europäische Firmen seien weniger eingeschüchtert, als verärgert über das Vorgehen. "Ich habe von vier deutschen Pharmafirmen gehört, die bewusst in den Iran wollen, um den USA eins auszuwischen", sagt er.

Trump hatte im Mai den einseitigen Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran verkündet und neue Sanktionen für den 6. August und den 4. November angekündigt. Die europäischen Vertragspartner zeigen sich zwar entschlossen, das Abkommen von 2015 zu erhalten, das verhindern soll, dass Teheran die Fähigkeiten zur Entwicklung von Atomwaffen erlangt. Doch ihre Firmen wirklich schützen können sie nicht.

Konzerne wie Total, Peugeot und Renault, die nach dem Abkommen in den Iran zurückgekehrt waren, kündigten bereits ihren Rückzug an, um den US-Sanktionen zu entgehen. Internationale Banken scheuen sich ohnehin, in das Iran-Geschäft einzusteigen. Zwar sind kleinere Firmen entschlossen zu bleiben, doch die von Präsident Hassan Ruhani versprochene Öffnung zur Welt wird mit den neuen US-Sanktionen nicht mehr zu realisieren sein.

Viele Iraner sind wütend auf die USA, zumal die Sanktionen weniger den Staat als die einfachen Leute zu treffen drohen. Doch viele machen auch die verfehlte Politik ihrer Regierung für die Situation verantwortlich. Staatliche Medien berichteten am Donnerstagabend von kleineren Protesten in Städten wie Schiras, Ahwas, Maschhad und Karadsch. Zudem zirkulierten im Netz Videos von Protesten in Isfahan und Teheran.

"Wir sehen Proteste, die sicher weitergehen werden", sagt Adnan Tabatabai vom Bonner Politikinstitut Carpo. Die Führung wisse, dass die Proteste legitim seien, doch fürchte er, dass Gruppen im In- oder Ausland aufspringen, und sie in Gewalt umschlügen. Bereits Anfang des Jahres hatte es in dutzenden Städten gewaltsame Proteste gegen die verbreitete Misswirtschaft gegeben, die blutig niedergeschlagen wurden.

Als die Zentralbank im April einen festen Wechselkurs festlegte und die Polizei gegen informelle Devisenhändler vorging, ging dies spektakulär nach hinten los. Da die Zentralbank nicht ausreichend Devisen zu dem künstlich niedrigen Kurs bereitstellen konnte, waren die Iraner erst recht auf den Schwarzmarkt angewiesen. Am Ende profitierten vor allem Geschäftsleute mit guten Verbindungen zur Führung von der Währungskrise.

Die meisten Ökonomen sind sich einig, dass viele Probleme hausgemacht sind. Aus Sicht des früheren Chefs der Teheraner Handelskammer, Mohammed Resa Behsadian, hätte die Regierung längst die Probleme angehen müssen. "Sie hat es versäumt, die Zeit zu nutzen, als die Bedingungen noch gut waren", sagt er. "Es wird viel schwieriger sein, in einer Krise zu handeln. (AFP)