Neue Festnahmen von Kulturschaffenden und Wissenschaftlern in der Türkei

Mehr als ein Jahr nach der Festnahme des türkischen Kulturmäzens Osman Kavala hat die Polizei mehrere Kulturschaffende und Wissenschaftler aus dem Umfeld seiner Organisation Anadolu Kültür festgenommen. Bei einer Razzia in Istanbul wurden am Freitagmorgen die Vorstandsmitglieder Yigit Ekmekci und Ali Hakan Altinay sowie die Koordinatorin der Organisation, Asena Günal, verhaftet, wie die Nachrichtenagentur DHA meldete.

Ebenfalls festgenommen wurden laut dem Pressebericht Turgut Tarhanli, Dekan der Rechtsfakultät der Bilgi Universität, und Betül Tanbay, Professor für Mathematik der renommierten Bogacizi Universität. Zudem wurde die Produzentin Cigdem Mater bei Dreharbeiten in der südtürkischen Küstenstadt Kas verhaftet. Die Gründe für die Festnahmen oder die genauen Vorwürfe gegen die Betroffenen waren zunächst unklar.

Der Oppositionsabgeordnete Sezgin Tanrikulu kritisierte die Festnahmen. "Jene, die von diesem Regime eine Normalisierung erwarten, sollten weiter träumen", schrieb der CHP-Politiker im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die Razzia erfolgte mehr als ein Jahr nach der Festnahme von Kavala, dem international angesehenen Gründer von Anadolu Kültur. Der Philanthrop sitzt bis heute ohne Anklage in Untersuchungshaft.

Laut seinen Anwälten wird er verdächtigt, die Gezi-Proteste im Sommer 2013 finanziert sowie den gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 unterstützt zu haben. Seine Organisation setzt sich dafür ein, durch Kulturprojekte zum Abbau der Spannungen und zur Verständigung zwischen den Volksgruppen in der Türkei beizutragen. Sie kooperiert mit zahlreichen internationalen Organisationen, darunter dem Goethe-Institut.

Seit dem Putschversuch wurden in der Türkei mehr als 110.000 Menschen entlassen, über 50.000 sitzen in Haft. Auch mehr als zwei Jahre nach dem Umsturzversuch, für den Ankara den islamischen Prediger Fethullah Gülen verantwortlich macht, gibt es laufend weitere Festnahmen. So stellte die Justiz am Freitag Haftbefehle gegen 188 Verdächtige aus, darunter hundert Militärangehörige, die der Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung verdächtigt werden. (AFP)