Netanjahu kündigt Soforthilfen nach Corona-Massenprotesten in Israel an

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat finanzielle Soforthilfen für Israelis angekündigt, die durch die Corona-Pandemie ihre Lebensgrundlage verloren haben. "Wir drücken auf den Knopf und das Geld ist in ein paar Tagen auf den Konten", sagte er am Sonntag. Die Ankündigung erfolgte nur einen Tag nachdem es in Israel zu Massenprotesten gegen das Management der Regierung der Corona-Pandemie gekommen war.

Die Finanzhilfen sollen schon in den nächsten Tagen bei den Betroffenen ankommen. Zunächst sollen Selbständige bis zu 7.500 Schekel (1.920 Euro) erhalten. Eine eigene Gesetzgebung ist dafür laut Netanjahu nicht erforderlich. In den kommenden Tagen werde auch ein Hilfspaket für Arbeiter und Kleinunternehmer das israelische Parlament passieren, kündigte Netanjahu an, ohne die Proteste zu erwähnen.

Zuvor hatte der Regierungschef jedoch eingeräumt, die Corona-Maßnahmen zu früh gelockert und dadurch ein Hochschnellen der Neuinfektionen im Land begünstigt zu haben. Netanjahu warnte jedoch, strengere Beschränkungen würden der Wirtschaft des Landes wieder schaden.

Am Samstagabend hatten tausende Menschen gegen den Umgang der Regierung mit der Corona-Pandemie demonstriert. Auf dem zentralen Rabin-Platz in Tel Aviv versammelten sich zahlreiche Menschen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Einige hielten Transparente mit Slogans wie "Lasst uns atmen". Die meisten Teilnehmer trugen Masken, dabei wurde zumeist der empfohlene Abstand von zwei Metern nicht eingehalten. Die Polizei war mit rund 300 Beamten im Einsatz.

Zu dem Protest hatten Organisationen von Arbeitern, Freiberuflern und Kleinunternehmen aufgerufen, auch Studentenorganisationen beteiligten sich. Sie warfen der Regierung vor, die Menschen seien nach der Verhängung von Corona-Beschränkungen auf sich allein gestellt. "Es gibt eine schwere Vertrauenskrise zwischen der Regierung und uns", sagte Mitorganisator Shai Berman am Samstag Israels öffentlich-rechtlichem Rundfunk.

Nahum Barnea, ein einflussreicher Kolumnist der israelischen Zeitung "Yedioth Ahronoth", schrieb, die Demonstrationen spiegelten das breite Leiden der Bevölkerung wider. "Der Protest erstreckte sich über die ganze Bandbreite; von kleinen Unternehmen, die zusammengebrochen sind, bis hin zu Arbeitslosen aus der Unterhaltungsindustrie, Musikern, Bühnenarbeitern und Menschen aus dem Tourismussektor."

Die Arbeitslosigkeit in Israel stieg von 3,4 Prozent auf 27 Prozent im April. Im Mai erholte sich der Arbeitsmarkt leicht, die Arbeitslosenquote lag bei 23,5 Prozent. Die Zahlen für Juni wurden noch nicht veröffentlicht.

Mitte März hatte die israelische Regierung eine strikte Ausgangssperre verhängt, nur Menschen mit systemrelevanten Berufen durften zur Arbeit gehen. Ende Mai wurden einige Corona-Regeln gelockert, in der Folge schnellten die Infektionszahlen in die Höhe. Deshalb wurden Bars, Nachtclubs, Sportanlagen und öffentliche Schwimmbäder wieder geschlossen.

Am Freitag hatte das israelische Gesundheitsministeriums einen neuen Höchststand der täglichen Corona-Neuinfektionen gemeldet. Binnen 24 Stunden steckten sich rund 1.500 Menschen an. Insgesamt wurden bisher landesweit mehr als 38.000 Infektionen registriert, mehr als 358 Infizierte starben. (AFP)