Nach Parlamentswahl in Algerien: Regierungspartei bleibt stärkste Kraft

mehr als 50 Jahren ist die Nationale Einheitsfront FLN in Algerien an der Macht. Die Parlamentswahlen ändern daran wenig: Die Partei des greisen Staatspräsidenten Bouteflika kann weiter regieren. Doch große Teile der Bevölkerung boykottieren die Wahl.

In Algerien bleibt die seit der Unabhängigkeit von Frankreich 1962 regierende Nationale Einheitsfront (FLN) die stärkste Kraft im Parlament. Die Partei des Staatspräsidenten Abdelaziz Bouteflika gewann nach dem vorläufigen Endergebnis vom Freitag 164 der 462 Sitze. Allerdings musste sie erneut herbe Verluste einstecken. An den Machtverhältnissen ändert sich jedoch wenig.

57 Sitze büßte die FLN im Vergleich zur vergangenen Parlamentswahl von 2012 ein. Ihr Koalitionspartner Demokratische Nationale Sammlung (RND) konnte jedoch Stimmen dazugewinnen und die Zahl der Mandate von 70 auf 97 erhöhen. Daher stellen beide Parteien erneut die Mehrheit im algerischen Parlament und können weiterregieren.

Der Block islamistischer Parteien kam insgesamt auf 67 Sitze. Zahlreiche weitere kleine Parteien erhalten einen oder zwei Sitze. Innenminister Noureddine Bedoui lobte den ruhigen Ablauf der Wahl. Die Abstimmung stärke die individuellen und kollektiven Freiheiten und festige den demokratischen Prozess im Land.

Bis kurz vor Schließung der Wahllokale am Donnerstagabend versuchten algerische Spitzenpolitiker, die Wähler zur Stimmabgabe zu motivieren. Offiziell wurde die Wahlbeteiligung mit 38,25 Prozent angegeben; sie lag damit noch einmal deutlich unter dem Niveau der vorangegangenen Parlamentswahl (43 Prozent).

In einem seiner wenigen öffentlichen Auftritte nahm auch Präsident Bouteflika an der Wahl teil. Im Rollstuhl wurde der von mehreren Schlaganfällen gezeichnete Staatschef zur Wahlurne geschoben.

Teile der Opposition hatten die Wahl boykottiert, weil sie der Regierung vorwerfen, keine freien Wahlen zu ermöglichen. «Die Ergebnisse wurden ein bisschen hier verschoben, ein bisschen da, am Ende bleibt aber alles beim Alten», sagte Soufiane Djilali, der Vorsitzende der Oppositionspartei Jil Jadid («Neue Generation»), nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse.

Die Wahl wurde von internationalen Beobachtern begleitet. Mehr als 26.000 Kräfte des algerischen Zivilschutzes sicherten die Wahlbüros ab, wie die staatliche Nachrichtenagentur APS berichtete. Nach Angaben des Innenministeriums verlief die Abstimmung im gesamten Land ohne größere Zwischenfälle. Algerische Medien berichteten von einem Vorfall in der Ostprovinz El Oued, wo es bei Ausschreitungen mehrere Verletzte gegeben haben soll.

Algerien kämpft mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Die Wirtschaft des Landes ist vor allem auf die Einnahmen aus den Erdöl- und Gasgeschäften angewiesen. Der Verfall des Ölpreises seit 2014 traf die algerische Wirtschaft daher schwer. Nach den Umbrüchen in der arabischen Welt blieb die Lage in Algerien, das in den 1990er Jahren einen Bürgerkrieg mit Islamisten erlebt hatte, relativ stabil.

Massenproteste blieben aus. Immer wieder kommt es jedoch vereinzelt zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in verschiedenen Landesteilen. Algerien ist einer der größten Abnehmer deutscher Rüstungsgüter weltweit. (dpa)

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