Nach den Terroranschlägen in Paris: Die Welt solidarisiert sich mit Frankreich

Nach der schlimmsten Terrorserie in der Geschichte Frankreichs mit rund 130 Todesopfern ist mindestens noch ein Verdächtiger auf der Flucht. Die belgische Justiz schrieb den 26-Jährigen international zur Fahndung aus.

Befürchtet wird, dass eine ganze Gruppe abgetaucht sein könnte. Sieben Attentäter starben bei den Anschlägen. Die Terroristen wollten auch ein Blutbad vor laufenden Kameras während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland anrichten. Im Stadion saßen fast 80 000 Zuschauer, darunter auch Hunderte Deutsche.

Bei der beispiellosen Anschlagsserie der drei Terrorkommandos waren am Freitag mindestens 129 Menschen getötet worden, gut 350 wurden teils schwer verletzt. Unter den Toten der minutiös geplanten Terrorserie ist mindestens ein Deutscher. Die Massaker waren nach Ermittlungen eine Aktion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Abend berichtete, sind eventuell sogar mehrere Täter auf der Flucht. "Am besorgniserregendsten ist die Information, dass möglicherweise noch eine Tätergruppe in Frankreich unterwegs ist", sagte er dem ZDF.

Sport-Staatssekretär Thierry Braillard bestätigte, dass die Attentäter während des Länderspiels in das Stade de France eindringen wollten. Warum sie scheiterten, sagte er nicht. Wie die Sportzeitung "L'Équipe" berichtete, sollen zwei der drei Attentäter kurz nach Spielbeginn am Einlass abgewiesen worden sein, weil sie keine Tickets gehabt hatten. Im Stadion waren auch Frankreichs Präsident François Hollande und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

Wie angespannt die Lage in Paris weiter ist, zeigte sich am Abend: Auf dem Platz der Republik kam es kurzzeitig zu einer Panik, viele Menschen ergriffen die Flucht. Nach Angaben der Polizei handelte es sich um einen falschen Alarm.

Über drei der mindestens sieben getöteten Angreifer wurden erste Details bekannt. Einer war ein französischer Kleinkrimineller, zwei Attentäter sind womöglich als Flüchtlinge getarnt eingereist. Dies löste eine neue Debatte zur Flüchtlingspolitik aus. In Deutschland wurden die Sicherheitsmaßnahmen deutlich verschärft.

Am Freitagabend hatten drei Terrorkommandos an sechs Orten in der französischen Hauptstadt nahezu gleichzeitig zugeschlagen. Sie schossen wahllos auf Menschen in Restaurants, in der Konzerthalle "Bataclan" und sprengten sich während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland in der Nähe des Stadions in die Luft. Die Angreifer benutzten Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow und trugen identische Sprengstoffwesten.

Der bei den Terroranschlägen getötete Deutsche stammt aus München. Der 28-Jährige habe seit längerem in Paris gelebt, verlautete aus dem Kriseninterventionsteam München. Das deutsche Opfer habe in einem der beschossenen Cafés auf der Terrasse gesessen, berichtete ARD-Korrespondent Mathias Werth unter Berufung auf die deutsche Botschaft in Paris. Unklar blieb, ob es weitere deutsche Opfer gab.

Einer der identifizierten "Bataclan"-Attentäter war ein polizeibekannter Islamist mit französischem Pass. Im "Bataclan hatten die Angreifer während eines Konzerts fast 90 Menschen getötet. Bei den Überresten eines der Selbstmordattentäter vom Stade de France wurde ein syrischer Pass gefunden. Ob es sich um eine gezielt hinterlassene Fälschung handelt, war zunächst offen. Spekuliert wurde, dass dieser Mann und ein weiterer Attentäter als Flüchtlinge getarnt in die EU eingereist sein könnten.

Erneut steht Belgien im Fokus der Ermittler. Zwei der getöteten Attentäter lebten zuletzt im Großraum Brüssel. Es handele sich um Personen mit französischem Pass, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Bei einer Razzia im Brüsseler Einwanderer-Stadtteil Molenbeek wurden am Samstagabend sieben Menschen festgenommen.

Hollande sprach von einem "Kriegsakt" des IS. Er will den Ausnahmezustand auf drei Monate verlängern, berichtete die französische Nachrichtenagentur AFP. Im Internet war eine zunächst nicht verifizierbare Erklärung aufgetaucht, in der sich der IS zu den Anschlägen bekennt. Frankreich wird angedroht: "Dieser Überfall ist nur der erste Tropfen Regen und eine Warnung."

Im Kampf gegen den IS wollen die USA und Frankreich stärker zusammenarbeiten. Nach Pentagon-Angaben verständigten sich US-Verteidigungsminister Ashton Carter und sein Amtskollege Jean-Yves Le Drian auf "konkrete Maßnahmen", die das Militär beider Seiten "zur Intensivierung der engen Kooperation ergreifen sollte". Die Top-Wirtschaftsmächte (G20) berieten auf ihrem Gipfel in der Türkei ein schärferes Vorgehen gegen den Terrorismus.

In Deutschland schickt die Bundespolizei verstärkt Einsatzkräfte an die Grenze zu Frankreich, intensiviert Streifen an Flughäfen und Bahnhöfen. De Maizière sagte, die Gefährdungslage sei hoch.

Staats- und Regierungschefs in aller Welt richteten sich auf einen verstärkten Kampf gegen den Terror ein. Bundespräsident Joachim Gauck sieht in den Attentaten eine neue "Art von Krieg". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dem Nachbarland "jedwede Unterstützung" zu. US-Präsident Barack Obama verurteilte die Anschläge als "abscheulichen Versuch", die Welt zu terrorisieren.

Rätsel gibt ein Mann aus Montenegro auf, der vor gut einer Woche von der Polizei in Oberbayern mit Maschinenpistolen, Handgranaten und Sprengstoff im Auto gestoppt wurde. Angeblich war er damit auf dem Weg nach Paris. Ein Zusammenhang mit den Anschlägen wird geprüft. (dpa)