Nach dem Besuch von Erdogan - vor dem Tag der offenen Moschee

Am 3. Oktober werden wieder zahlreiche islamische Gotteshäuser ihre Pforten öffnen. Bereits an diesem Wochenende stand mit der Ditib-Zentralmoschee in Köln eine der größten Moscheen Deutschlands im Mittelpunkt.

Der Präsident suchte das Pathos. "Unter dieser Kuppel sind wir alle gleich", so Recep Tayyip Erdogan am Wochenende im Schatten der imposanten Ditib-Zentralmoschee in Köln. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion hatte zur offiziellen Eröffnung einer der wichtigsten zeitgenössischen Moscheebauten in Westeuropa geladen. Gekommen waren rund 500 Ehrengäste, prominente Vertreter des gesellschaftlichen und politischen Lebens aus Deutschland blieben außen vor.

Dazu gab es unterschiedliche Interpretationen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ließ im Vorfeld verlauten, eine Ditib-Moschee sei "nicht der geeignete Ort" für einen von ihm angestrebten "offenen Austausch und kritischen Dialog". Er traf Erdogan stattdessen am Flughafen Köln-Bonn direkt nach dessen Landung aus Berlin, wo der türkische Präsident zuvor einen zweitägigen Staatsbesuch absolviert hatte.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) zeigte sich enttäuscht darüber, dass die Organisatoren ihr bis zuletzt nicht hätten zusichern können, bei der Eröffnung ebenfalls das Wort ergreifen zu dürfen. Der deutsch-türkische Politiker Mustafa Yeneroglu, der für Erdogans AKP im türkischen Parlament sitzt, widersprach: Natürlich wäre eine Rede von Reker möglich gewesen.

Zugleich beklagte er "juristische Haarspaltereien", die ein echtes Fest verhindert hätten. Die Ditib hatte via Facebook dazu aufgerufen, nach Köln zu kommen. Die Stadt blockte die Großveranstaltung mit erwarteten 25.000 Menschen aus Sicherheitsgründen. Yeneroglu stellte eine "Missstimmung auf beiden Seiten" fest - und lieferte damit eine Beschreibung des grundsätzlichen Dilemmas.

Denn einerseits ist die Ditib als eine der vier größten islamischen Organisationen in Deutschland ein wichtiger Ansprechpartner für die Politik. Die von ihr vertretenen rund 960 Moscheevereine lassen sich davon abgesehen nicht über einen Kamm scheren, wie Ministerpräsident Laschet in der "tageszeitung" (Wochenende) betonte. Andererseits sorgt der Verband immer wieder für Negativ-Schlagzeilen. Kritiker werfen der Ditib vor, als verlängerter Arm der türkischen Regierung zu fungieren und durch eine nationalistische Ausrichtung die Integration von Türken in Deutschland zu behindern.

Die feierliche Eröffnung war nicht unbedingt dazu angetan, diese Bedenken zu zerstreuen, urteilt etwa Thomas Lemmen vom Referat für Interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln im domradio. Neben Erdogan trat auch der Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, ans Rednerpult. Er bezeichnete Moscheen als Orte der Begegnung und des Gebets. Nur, wer begegnet sich da und was wird dort gepredigt?

Unstrittig sei, so der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) gegenüber der "Welt am Sonntag", dass in Moscheen der Ditib "kriegsverherrlichende Veranstaltungen" abgehalten wurden. "Und es gibt Anzeichen dafür, dass Ditib-Imame aus dem Verband heraus Mitbürger bespitzelt und denunziert haben."

Trotzdem sei noch nicht ausgemacht, ob überhaupt und wenn ja in welcher Form der Verfassungsschutz den islamischen Dachverband unter Beobachtung stellen wolle. "Das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz stimmen sich dazu gerade ab", sagt Reul. Das alles macht den Dialog mit der Ditib nicht einfacher - dabei haben sich viele Kölner für den Bau der Zentralmoschee eingesetzt, wie der katholische Kölner Stadtdechant Robert Kleine in einem domradio-Interview noch einmal hervorhob.

"Es ist auch gut, dass das islamische Leben aus den Hinterhöfen in die Moschee hineingeholt wird und das Recht da ist, eine solche doch sehr repräsentative Moschee zu bauen", so Kleine weiter. Das aber müsse in einem "guten Miteinander" geschehen. Dazu bedarf es wohl nach diesem Wochenende neuerlicher Gespräche. Für Bekir Alboga, der den Verband - wiewohl in der jüngeren Vergangenheit umstritten - als eine Art Sprecher nach außen vertrat, gibt es laut Ditib-Pressestelle vorerst keinen Ersatz. Der Islamwissenschaftler wechselte im Sommer für die AKP in die türkische Politik. (KNA)