Muslimischer Kandidat gewinnt Gouverneurswahl in Jakarta

Indonesiens Hauptstadt Jakarta wird künftig wieder von einem Muslim regiert: Bei der Stichwahl um das Gouverneursamt unterlag der bisherige christliche Amtsinhaber Basuki Tjahaja Purnama seinem muslimischen Herausforderer deutlich, wie Hochrechnungen am Mittwoch ergaben. Dem ehemaligen Bildungsminister Anies Baswedan wurde ein Vorsprung von mehr als zehn Prozentpunkten vorausgesagt. Mit amtlichen Ergebnissen wird erst Anfang Mai gerechnet. Die privaten Umfrageinstitute, die sich auf repräsentative Stichproben stützen, liegen allerdings in der Regel richtig. Bei einigen führte Baswedan mit 57 Prozent vor Purnama mit 43 Prozent. Purnama gratulierte bereits seinem Kontrahenten.

Umfragen hatten zuvor ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Purnama und Anies prognostiziert. Aus der ersten Wahlrunde im Februar war Purnama mit 43 Prozent der Stimmen als Sieger hervorgegangen, Anies erhielt 40 Prozent. Mit 17 Prozent landete der dritte Kandidat Agus Harimurti Yudhoyono abgeschlagen auf Platz drei. Der 38-jährige Agus ist der Sohn des ehemaligen Präsidenten General Susilo Bambang Yudhoyono.

Der Wahlkampf war von massivem Widerstand radikaler Muslime gegen den Christen Purnama dominiert worden. Der Chef der radikalen Islamischen Verteidigungsfront (FPI), Rizieq Shihab, hatte Purnama wegen Blasphemie angezeigt. Die Anklage wirft Purnama vor, sich im Wahlkampf abfällig über den Koran geäußert und damit Blasphemie begangen zu haben. Er beteuert dagegen, er habe lediglich die missbräuchliche Verwendung von Koranversen durch seine politischen Gegner kritisiert. Das Urteil in dem Gerichtsverfahren wird im Mai erwartet. Im Falle eines Schuldspruchs muss Purnama mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.

Hunderttausende konservative Muslime gingen seit September zu wütenden Protesten gegen Purnamas angebliche Gotteslästerung auf die Straße. Die Gouverneurswahl galt deshalb auch als Test, ob der in Indonesien traditionell praktizierte gemäßigte Islam durch seine fundamentalistische Variante bedroht ist. 

Purnamas Anhänger warfen Baswedan vor, bei der Jagd nach Stimmen muslimischen Hardlinern nachgegeben zu haben. Der frühere Bildungsminister Anies Baswedan und der millionenschwere Unternehmer Sandiaga Uno gelten als Repräsentanten der wirtschaftlichen und politischen Elite Indonesiens, die an dem Status Quo festhält. Anies hatte sich im Wahlkampf mit den radikalen islamischen Gegnern von Ahok verbündet, die in der ersten Runde Agus Harimurti Yudhoyono unterstützten.

Das Wahlergebnis ist auch eine Niederlage für Staatschef Joko Widodo, dessen Partei den Amtsinhaber Purnama unterstützt hatte.Purnama war vor vier Jahren zusammen mit dem Reformer Joko Widodo ins Amt gekommen. Nach der Wahl Widodos zum Präsidenten Indonesiens stieg Purnama vom Stellvertreter zum Gouverneur Jakartas auf. Sowohl Widodo als Purnama entstammen nicht den politischen Eliten und Dynastien Indonesiens. Purnama war Jakartas erster nichtmuslimischer Gouverneur seit einem halben Jahrhundert und zudem der erste ethnische Chinese. Politische Beobachter in Jakarta werteten die Gouverneurswahl daher auch mit Blick auf die Präsidentschafts- und Parlamentswahl 2019 als einen Test der Machtverhältnisse in Indonesien. 

Jakarta gehört mit mehr als zehn Millionen Einwohnern zu den sogenannten Megacities. Die indonesische Hauptstadt hat enorme Probleme mit ihrer Infrastruktur. Der Verkehr bricht regelmäßig zusammen. Indonesien ist mit 250 Millionen Einwohnern eine dergrößten Demokratien der Welt. Mehr als 200 Millionen davon sind muslimischen Glaubens. Das Christentum ist in dem südostasiatischen Inselstaat mit etwa 20 Millionen Gläubigen in der Minderheit. (AFP/KNA/dpa)