Moscheen engagieren sich mit Spenden und Hilfsdiensten für Flüchtlinge

Was tun eigentlich die Moscheen und Islamverbände für die vielen muslimischen Flüchtlinge, die derzeit nach Deutschland kommen? Viel, sagen die Verbände. Es gibt aber auch die Erkenntnis: Wir könnten mehr tun. Von Andreas Gorzewski

Unter den zigtausend Flüchtlingen in Deutschland sind viele Muslime aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan. Immer wieder wird gefordert, dass sich auch die Moscheen um sie kümmern. So mahnte der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff vor einigen Tagen in einem Interview, die Islamverbände sollten mehr Verantwortung für die Integration muslimischer Flüchtlinge übernehmen. Die Kurdische Gemeinde Deutschland kritisierte, Muslime zeigten kein Engagement.

Das sehen die großen Islamverbände, die ihre Zentralen in Köln haben, ganz anders. Es gebe viele Initiativen. Wulff ist bei vielen Muslimen hoch angesehen, weil er als Bundespräsident erklärt hatte, der Islam gehöre zu Deutschland. Doch mangelnden Willen, die Flüchtlinge zu unterstützen, wollen sich die Moscheen auch von ihm nicht nachsagen lassen.

Eigene Gemeindemitglieder seien unter den ersten gewesen, die am Münchner Hauptbahnhof Syrer begrüßt hätten, sagt der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), Bekir Altas. Viele Flüchtlinge würden in Moscheen beherbergt. Unter dem Motto «Flüchtling, Nachbar, Freund» hätten IGMG-Gemeinden Flüchtlingskinder auf Indoor-Spielplätze eingeladen.

Sie sollten einfach einen schönen Tag haben und neue Freunde finden, erklärt der IGMG-Vertreter. Wenn zum islamischen Opferfest Ende September wieder Geld für Tierschlachtungen zugunsten armer Menschen gespendet wird, sollen erstmals auch Bedürftige in Deutschland davon profitieren.

«Beim Empfang in den Erstaufnahmelagern sind unsere Leute mit vor Ort», sagt die Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime, Nurhan Soykan. Muslime übersetzten und gingen mit zu Behörden, sie spendeten Sachmittel und verteilten Essen. Arabischstämmige Ärzte helfen laut Soykan ehrenamtlich. In Berlin beherberge eine Gebetsstätte jede Nacht 200 Menschen, die sonst im Park schlafen müssten.

«Wir bieten Beratung für Pflegefamilien an, die unbegleitete Flüchtlinge aufnehmen wollen», listet Soykan weiter auf, die auch Sprecherin des Koordinationsrates der Muslime ist - in dem Dachverband arbeiten die großen Moscheeverbände zusammen. Weitere bundesweite Projekte seien in den Startlöchern. Außerdem werde in den Freitagspredigten in den Moscheen zu Solidarität mit allen Neuankömmlingen aufgerufen.

In den türkischsprachigen Zeitungen in Deutschland finden sich viele Beispiele für die Hilfe. In einer Moschee in Köln-Porz verteilten Frauen Spielzeug an Kinder aus Syrien. Eine Gladbecker Moschee trug säckeweise Schuhe und Kleidung zusammen. In der Nähe von Kiel organisierte eine Moschee auf Bitten des örtlichen Flüchtlingshilfevereins Betten und Bettzeug.

«Da passiert schon sehr viel», resümiert Soykan, die mit am Tisch saß, als die nordrhein-westfälische Landesregierung im April zum zweiten Flüchtlingsgipfel eingeladen hatte. Allerdings sei das Engagement der Muslime nur ehrenamtlich, schränkt sie ein. Wohlfahrtsverbände wie die Kirchen hätten die Muslime bislang nicht. Die Zentralrats-Vertreterin wirbt dafür, dass die Kommunen die Moscheegemeinden stärker in ihre Planungen einbeziehen.

Um über weitere Initiativen und Projekte für Flüchtlinge aller Religionen zu beraten, will die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs, die zum Dachverband Islamrat gehört und in einigen Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet wird, am Wochenende ihre Regionalvorsitzenden versammeln. «Als islamische Religionsgemeinschaft stehen wir in der Verantwortung», erklärt der Vorsitzende Kemal Ergün. Sein Generalsekretär Altas räumt ein: «Wir können sicher noch mehr tun.» (epd)

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