Militärputsch in Myanmar

Nach tagelangen Gerüchten über einen Staatsstreich hat das Militär in Myanmar Tatsachen geschaffen und die Macht übernommen. De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wurde festgesetzt. Frankfurt a.M./Rangun.



In Myanmar hat die Armee die Macht an sich gerissen. Sie verkündete am Montagmorgen im militäreigenen Fernsehen, dass sie für ein Jahr die Kontrolle übernehme. Während dieser Zeit gelte der Ausnahmezustand. Zuvor war bestätigt worden, dass die De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und weitere ranghohe Mitglieder der bislang regierenden Partei «Nationale Liga für Demokratie» festgesetzt wurden. Das Rathaus in der früheren Hauptstadt Rangun wurde besetzt, Internet und Telefonleitungen lahmgelegt. Die US-Regierung verurteilte den Staatsstreich und forderte die sofortige Freilassung der Festgenommenen. Scharfe Kritik kam zudem von Menschenrechtsorganisationen.  



Bereits seit Tagen hatte es Gerüchte über einen möglichen Putsch gegeben. Zuletzt hatte die Militärführung unter Armeechef Min Aung Hlaing versucht, diese zu entkräften. Die Reaktion erfolgte, nachdem sich UN-Generalsekretär António Guterres sowie diplomatische Vertretungen vorwiegend westlicher Staaten Ende vergangener Woche alarmiert über die politischen Spannungen geäußert und gefordert hatten, alle Beteiligten müssten sich an demokratische Normen halten.



Myanmar (das frühere Birma) war 50 Jahre lang von wechselnden Militärs regiert worden. Auch nach der politischen Öffnung ab 2011 behielten die Streitkräfte eine dominierende Stellung in dem mehrheitlich buddhistischen Land. Die Verfassung von 2008, die auf Geheiß der früheren Junta ausgearbeitet worden war, garantierte den Militärs unabhängig von Wahlen ein Viertel der Parlamentssitze. Damit hatten diese ein Vetorecht bei allen wesentlichen Entscheidungen.



Zudem kontrollierten die Streitkräfte die drei Schlüsselministerien Inneres, Verteidigung und Grenzschutz.  Den Spekulationen über eine Machtübernahme des Militärs waren Beschwerden über das Ergebnis der Parlamentswahlen von Anfang November vorausgegangen. Diese hatte die Partei «Nationale Liga für Demokratie» von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi klar gewonnen. Unterlegene Konkurrenten, darunter auch die militärtreue USDP, sprachen jedoch von Wahlbetrug. Die Wahlkommission wies die Vorwürfe zurück. Am Montag oder Dienstag hätte das neue Parlament zu einer ersten Sitzung zusammenkommen sollen.



Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, sprach am Montag von «sehr verstörenden und empörenden Nachrichten». Das Militär müsse zur Kenntnis nehmen, dass es für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werde, darunter für Misshandlungen in Gewahrsam und exzessive Gewaltanwendung, monierte der Vize-Asienchef von Human Rights Watch, Phil Robertson.



Ähnlich äußerte sich die Aktivistengruppe «Justice for Myanmar»: «Immer wieder hat die militärische Führung gezeigt, dass sie keine Beschützerin der Nation ist, wie sie behauptet, sondern stets darauf erpicht ist, ihre eigenen egoistischen Interessen zu wahren.» (epd)