Merkel und Macron zu mehr Hilfen im Rahmen von Flüchtlingspakt mit Ankara bereit

Deutschland und Frankreich haben sich zu einer Aufstockung der EU-Mittel für die Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei bereiterklärt. Alle Seiten hätten sich klar zu dem Flüchtlingspakt mit Ankara bekannt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstagabend in Berlin nach einer Videokonferenz mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dem französischen Staatschef Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Boris Johnson.

Das Büro des französischen Staatschefs Macron teilte mit, die Beteiligten seien sich einig gewesen, die humanitäre Hilfe für Zivilisten aufzustocken. In der Türkei leben etwa vier Millionen Flüchtlinge, die meisten kommen aus dem Nachbarland Syrien. In Bezug auf die Flüchtlingskrise sowie die Nato- und EU-Beziehungen sei Erdogan zu einer "Reihe von Klarstellungen" aufgefordert worden, erklärte der Elysée-Palast.

Erdogan hatte Ende Februar die Grenzen seines Landes zur EU für geöffnet erklärt. Daraufhin kam es zu einem starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze. Griechische Behörden hielten die Grenzen geschlossen und drängten Flüchtlinge teilweise unter Einsatz von Tränengas zurück.

Die EU wirft der Türkei vor, die Migranten als Druckmittel zu missbrauchen. Die Türkei wiederum beschuldigt die EU, ihre Zusagen aus dem im März 2016 geschlossenen Flüchtlingsabkommen nicht einzuhalten. Ankara verpflichtete sich damals, alle auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach der Türkei Milliardenhilfen, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion.

In einer gemeinsamen Erklärung zeigten sich rund 30 Hilfsorganisationen unterdessen besorgt wegen der Lage in den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern angesichts der Corona-Krise. In Lagern wie dem von Moria auf Lesbos säßen insgesamt zehntausende Menschen unter katastrophalen hygienischen Bedingungen fest, warnten sie. Die Organisationen forderten, die Flüchtlinge sofort aus den überfüllten Lagern in Sicherheit zu bringen sowie "effektive Schutzmaßnahmen für Flüchtlinge gegen das Coronavirus" einzurichten.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl forderte Deutschland und andere europäische Staaten auf, trotz der Coronavirus-Pandemie wie von ihnen zugesagt minderjährige Flüchtlinge aus den griechischen Lagern aufzunehmen. Die Corona-Krise mache die Aufnahme dieser Kinder und Jugendlichen dringlicher als je zuvor, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die von mehreren europäischen Ländern einschließlich Deutschland zugesagte Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge dulde "keinen Aufschub mehr". Die Staaten sollten sofort fünf oder sechs Flugzeuge nach Griechenland schicken.

Auch Oxfam-Experte Raphael Shilhav erinnerte daran, dass sich mehrere EU-Staaten in einer "Koalition der Willigen" zur Aufnahme von rund 1.500 Minderjährigen aus den griechischen Flüchtlingslagern bereit erklärt hatten. In einer Zeit, da das Coronavirus "viele Unsicherheiten für die Zukunft" stifte, sei es entscheidend, dass "die Regierungen weiterhin die Verletzlichsten schützen und ihre Versprechen halten, um den Kindern sichere Lebensbedingungen zu bieten", mahnte er.

In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten der Griechische Flüchtlingsrat und Oxfam, nichts könne das "willkürliche Festhalten von Asylsuchenden rechtfertigen". Angesichts der aktuellen Gesundheitskrise dürfe Griechenland den Migranten einen sicheren Zufluchtsort nicht vorenthalten.

Die griechische Regierung schloss unterdessen wegen der Corona-Krise alle Flüchtlingslager vorläufig für Besucher. Neu eingetroffene Migranten müssen sich einer Temperaturkontrolle unterziehen. Der Schulunterricht und sonstige Aktivitäten in den Lagern wurden unterbrochen. (AFP)