Menschenrechtler für besseren Zugang zu Koblenzer Syrien-Prozess

Menschenrechtler fordern mehr Transparenz beim Prozess gegen zwei frühere syrische Geheimdienst-Mitarbeiter vor dem Oberlandesgericht Koblenz. «Wir hätten mehr vom Gericht erwartet, um der Bedeutung des Verfahrens nach außen hin gerecht zu werden», sagte Andreas Schüller von der Berliner Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) dem Evangelischen Pressedienst (epd). So habe das Gericht den Antrag abgeschmettert, das Verfahren aufzuzeichnen. «Das wäre sehr wichtig gewesen, um das als Dokument für künftige Generationen zu erhalten.»

Außerdem hätten es die Richter abgelehnt, die arabische Übersetzung nicht nur für die Prozessbeteiligten, sondern auch für die Zuschauer zur Verfügung zu stellen, kritisierte Schüller. Viele der syrischen Zuschauerinnen und Zuschauer könnten nicht gut genug Deutsch, um dem Prozess zu folgen. «In anderen Ländern gibt es da durchaus Lösungen, die Übersetzung auch im Zuschauerraum zu übertragen», sagte der Experte für Völkerstrafrecht.

Vor dem Oberlandesgericht Koblenz müssen sich seit April erstmals in Deutschland zwei Ex-Geheimdienstfunktionäre der syrischen Regierung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Anwar R. und Eyad A. sollen für brutale Folter und den Tod zahlreicher Menschen in einer Haftanstalt des Geheimdienstes verantwortlich sein. ECCHR betreut in dem Verfahren 16 Frauen und Männer aus Syrien, die als Zeugen oder Nebenkläger auftreten. Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt.

Der Prozess sei gut angelaufen, sagte Schüller. Der Hauptangeklagte Anwar R., der Vorgesetzter in einem Gefängnis gewesen sein soll, hatte seine Verantwortung für die Folterungen in einer Stellungnahme zwar stark relativiert. «Aber durch die ersten Zeugenaussagen ist das eigentlich schon komplett widerlegt worden», sagte Schüller. Es hätten sich schon viele Vorwürfe der Anklage bestätigt.

Weitere Klarstellungen seien für August zu erwarten, wenn erste vom ECCHR betreute Nebenkläger aussagen sollen. «Wir gehen davon aus, dass es am Ende auch zu Verurteilungen kommen wird», sagte Schüller. Der Prozess werde sich seiner Einschätzung nach noch bis ins nächste Jahr hinziehen.

Die beiden Beschuldigten hatten Syrien laut Bundesanwaltschaft vor rund sieben Jahren verlassen und waren 2014 beziehungsweise 2018 nach Deutschland gekommen. Sie wurden im Februar 2019 festgenommen. Nach dem Weltrechtsprinzip können Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit überall geahndet werden, ganz gleich, wo die Taten verübt wurden. (epd)