Matteo Salvini: Rechtsradikaler Demagoge auf dem Weg an die Regierungsspitze in Italien

Italiens rassistische Lega war bereits totgeglaubt, bis ihr Parteichef Matteo Salvini sie zur zweitstärksten Kraft des Landes machte. Jetzt will der rechtsradikale Innenminister und Vize-Ministerpräsident seiner Partei zu einem neuen Triumph verhelfen - und sich selbst ins Amt des Regierungschefs katapultieren.

Dass er mit seiner Forderung nach Neuwahlen eine politische Krise ausgelöst hat, ficht Salvini dabei nicht an. Schon seit Donnerstag ist der für seine Wutausbrüche bekannte 46-Jährige im Wahlkampfmodus - er kündigte vor Parteianhängern Steuersenkungen an.

Schon vor der Parlamentswahl im vergangenen Jahr setzte Salvini auf griffige Formeln - und auf Demagogie. Bei seinem Slogan bediente er sich damals kurzerhand bei seinem Idol Donald Trump: "Die Italiener zuerst", skandierte Salvini, der mit dem US-Präsidenten auch die Begeisterung für den Kurzbotschaftendienst Twitter teilt. Doch nicht nur in den Online-Diensten Twitter und Facebook, wo Millionen Nutzer den Einlassungen Salvinis folgen, ist der Innenminister dauerpräsent. Kein anderes Regierungsmitglied erzielt in den Medien so viel Aufmerksamkeit wie der bärtige Innenminister.

Salvini, seit 2013 Parteichef, war der Architekt einer gesamtitalienischen Wende, die die einst sezessionistische Lega Nord vor der Wahl im vergangenen Jahr vollzog. Sie strich den Bestandteil Nord aus dem Namen und versteht sich nunmehr als Vertreterin auch des südlichen Italiens, gegen dessen "Diebe und Profiteure" Lega-Gründer Umberto Bossi einst ins politische Feld gezogen war. 

Die Strategie war erfolgreich. Die Lega, nach einem Korruptionsskandal bei den Wahlen von 2013 noch weit abgeschlagen bei vier Prozent, kam unter Salvini auf 17 Prozent der Stimmen - und landete in der Wahl damit direkt hinter der erstplatzierten Fünf-Sterne-Bewegung. Bei den Europawahlen im Mai kam die Lega auf 34 Prozent, in aktuellen Umfragen erreicht sie zwischen 36 und 38 Prozent Zustimmung.

Salvini spielt meisterhaft auf der Klaviatur der Demagogie gegen Flüchtlinge, gegen den Euro, gegen die Bürokratie in Brüssel. Sein Kernthema: Der Kampf gegen die "außer Kontrolle geratene Einwanderung". Salvini bekämpft inzwischen nicht mehr nur die Migration von Flüchtlingen, die über das Mittelmeer nach Europa fliehen, sondern auch zivile Organisationen, die Menschen aus Seenot retten.

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Seine Anti-Einwanderungs-Rhetorik verbindet er dabei gezielt mit der Forderung nach einem Ende des "Brüsseler Diktats". Mit seiner Politik der "geschlossenen Häfen" erzwang er zuletzt die Aufnahme von vor der italienischen Küste festsitzenden Flüchtlingen durch andere EU-Staaten.

Seine europäischen Verbündeten sind die französische Partei Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung, die frühere Front National), die österreichische FPÖ und die niederländische Freiheitspartei. Bis 2018 war er Vizevorsitzender der rechtspopulistischen Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit im EU-Parlament.

"Ich habe alles gehört: Ich bin ein Krimineller, ein Rassist, ein Faschist", erklärt Salvini regelmäßig. In Wahrheit sei er jedoch ein "Kommunist der alten Schule", der "mehr Fabrikhallen" gesehen habe als Vertreter der Linken.

Salvini wurde als Sohn eines Unternehmenschefs und einer Hausfrau in der lombardischen Hauptstadt Mailand geboren. Er besuchte eine katholische Schule und war Pfadfinder. Die Sonntage bestanden aus Gottesdienst, Mittagessen bei den Großeltern und dem AC Mailand.

Doch obwohl Salvini sich als Verteidiger christlicher Werte inszeniert, steht er bisweilen mit der Kirche auf Kriegsfuß: Papst Franziskus kritisiert er regelmäßig für dessen humanitäre Forderungen in der Flüchtlingspolitik. Und auch Salvinis Privatleben entspricht nicht der reinen katholischen Lehre: Salvinis Kinder im Alter von sechs und 15 Jahren stammen von zwei verschiedenen Frauen. Im vergangenen Jahr wurde die Trennung von einer Fernsehmoderatorin bekannt, seither ist Salvini regelmäßig mit einer 20 Jahre jüngeren Begleiterin zu sehen.

Der Lega Nord schloss sich Salvini 1990 im Alter von 17 Jahren an. Salvinis Jugend verging zwischen politischen Versammlungen, Plakatekleben, dem Besuch der Universität (abgebrochenes Studium der Politik sowie der Literatur- und Geschichtswissenschaft) und verschiedenen Jobs, unter anderem als Pizzabote. (AFP)