Maas und Cavusoglu erteilen Kramp-Karrenbauers Syrienplan Abfuhr

Der türkische und der deutsche Außenminister stellen sich gemeinsam gegen eine außenpolitische Idee der deutschen Verteidigungsministerin. Kramp-Karrenbauer hält aber an ihrem Plan fest. Ein Treffen ausgerechnet mit Maas soll dabei helfen.

Die Außenminister Deutschlands und der Türkei haben dem Plan der Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für eine UN-Schutzzone in Nordsyrien eine Abfuhr erteilt. Heiko Maas (SPD) sagte nach einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu am Samstag in Ankara, ihm werde überall gesagt, dass das kein realistischer Vorschlag sei, daher habe er auch bei dem Treffen keine Rolle gespielt.

Cavusoglu nannte den Vorschlag «nicht mehr realistisch». Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe die Idee schon vor Jahren Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagen. Nun seien am Boden andere Akteure aktiv, unter anderem das syrische «Regime» und Russland. Er empfahl, dass man sich in Deutschland erst einmal untereinander einig werde.

Kramp-Karrenbauer setzt ihren Vorschlag einer von Blauhelmsoldaten geschützten Sicherheitszone trotzdem weiter auf die Tagesordnung. Die Lage in dem Gebiet solle Thema bei einem Treffen der Verteidigungs- und Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands werden, hieß es am Sonntag aus Regierungskreisen in Berlin. Ein Syriengespräch in dieser Runde sei in Brüssel verabredet worden und solle ein Gipfeltreffen der politischen Führer dieser Länder mit Erdogan vorbereiten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Erdogan erörterten am Sonntag in einem Telefongespräch die Lage im Nordosten Syriens. Beide wollten «im engen Kontakt», teilte die Bundesregierung mit. Die CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hatte die internationale Sicherheitszone ohne Absprache mit dem Koalitionspartner SPD vorgeschlagen. Öffentlich hat sich noch kein Land dahinter gestellt.

Maas' Auftritt in Ankara verschärft den Streit in der Koalition über den Syrienkurs. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich verärgert über den Außenminister. Es sei klar, dass man vom Ausland aus keine Politiker der Opposition oder der eigenen Regierung kritisiere, twitterte der CDU-Politiker. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte dem Berliner «Tagesspiegel» (Montag), der Außenminister sei «in der Türkei augenscheinlich mehr mit seiner eigenen Befindlichkeit als mit der Situation der Menschen in Nordsyrien beschäftigt».

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff nannte es auf Twitter unfassbar, dass Maas die Verteidigungsministerin im Ausland brüskiere, «mit einem fremden Außenminister, der feixend beipflichtet». CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen nannte Maas' Auftritt einen «peinlichen Moment deutscher Außenpolitik». Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid verteidigte Maas dagegen und sagte, die Reise sei ein wichtiger Beitrag gewesen, um den Bemühungen um eine politische Lösung neuen Schwung zu verleihen.

Kramp-Karrenbauer sagte in Erfurt der Deutschen Presse-Agentur: «Wir brauchen eine Alternative zu Sotschi. Daran arbeitet jedes Mitglied der Bundesregierung.» Maas habe es in Ankara auf seine Art getan. Mit «Sotschi» ist eine in dem russischen Badeort abgeschlossene türkisch-russische Vereinbarung zur Kontrolle Nordsyriens gemeint.

Die Türkei war am 9. Oktober in Nordsyrien einmarschiert und hatte eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen, die von ihr als Terrororganisation angesehen wird. Inzwischen haben sich Moskau und Ankara darauf verständigt, nordsyrische Grenzgebiete zur Türkei gemeinsam zu kontrollieren. Die YPG-Kämpfer sollen aus einem Streifen von 30 Kilometern Tiefe abziehen - die Frist dazu läuft am Dienstagabend Ortszeit aus. Erdogan will in der Grenzzone Millionen syrische Flüchtlinge aus der Türkei ansiedeln.

Das türkische Vorrücken war durch den Abzug der US-Truppen aus dem syrischen Grenzgebiet möglich geworden. Anders als angedeutet zogen die USA aber nicht alle Truppen aus Ostsyrien ab, sondern brachten ihr Militär rund um Ölfördergebiete dort in Stellung. Das russische Verteidigungsministerium warf den US-Truppen daraufhin massiven Diebstahl großer Ölmengen vor.

Das Öl werde in Ostsyrien gefördert und außer Landes gebracht, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow am Samstag laut dem Moskauer Verteidigungsministerium. Die Behörde veröffentlichte Satellitenfotos, die beweisen sollen, dass das Öl unter Bewachung von US-Soldaten ins Ausland gebracht werde.

Erdogan bekräftigte, dass die Türkei ihre Offensive in Nordsyrien wieder aufnehmen werde, sollte der Abzug der Kurdenmilizen aus den mit Russland vereinbarten Gebieten nicht umgesetzt sein. Aus Sicht von Verteidigungsminister Hulusi Akar läuft der Abzug «nach Plan». Am Sonntag soll aber ein türkischer Soldat bei Beschuss durch die YPG in der Region Ras al-Ain in Nordsyrien getötet worden sein. (dpa)