Likud-Zentralkomitee für Annektierung von Teilen des Westjordanlands

Israels Regierungspartei Likud rückt politisch noch weiter nach rechts. Sie fordert eine Annektierung der Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem sowie einen Siedlungsausbau ohne jede Einschränkung.

In einer wegweisenden Entscheidung hatte die rechtsorientierte israelische Regierungspartei Likud eine Annektierung großer Teile des Westjordanlands gefordert. Bei einem Parteitag bei Tel Aviv billigten mehr als tausend Likud-Mitglieder nach Medienberichten am Sonntagabend eine Resolution, die auch einen uneingeschränkten Ausbau israelischer Siedlungen vorsieht. Damit rückt die Partei noch weiter nach rechts.

Die Fatah-Organisation des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas teilte mit, der Likud habe mit dieser Entscheidung «das Wenige zerstört, was noch vom Friedensprozess übrig war». Ein Sprecher der radikalislamischen Hamas sprach von einer «Fortsetzung der aggressiven Politik gegen die Rechte der Palästinenser» und kündigte Widerstand an. Die israelische Organisation Peace Now kritisierte eine «Stunde der Extremisten und der Wahnsinnigen».

In der Likud-Resolution hieß es unter anderem: «Das Likud-Zentralkomitee ruft die gewählten Repräsentanten des Likud dazu auf, sich für freies Bauen und die Ausweitung israelischer Rechtsprechung und Souveränität auf alle befreiten Siedlungsgebiete in Judäa und Samaria (Westjordanland) einzusetzen.»

Der israelische Regierungschef und Parteivorsitzende Benjamin Netanjahu war bei der Abstimmung nicht anwesend, hatte die Versammlung in der Nähe des internationalen Flughafens Ben-Gurion aber auch nicht verhindert. Mehrere Likud-Minister nahmen an dem Parteitag teil.

Im Jahre 2002 hatte das Likud-Zentralkomitee bereits gegen einen unabhängigen palästinensischen Staat gestimmt. Netanjahu sprach sich dennoch 2009 für die Gründung eines entmilitarisierten Palästinenserstaates aus, der Seite an Seite in Frieden mit Israel existieren solle. 2016 sagte der israelische Regierungschef jedoch, er sei zwar grundsätzlich für eine Zwei-Staaten-Lösung, die Situation in der Region sei jedoch noch nicht reif dafür.

Die Palästinenser wollen im Westjordanland und Gazastreifen einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt gründen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) hatte vor einem Jahr einen vollständigen Siedlungsstopp von Israel gefordert. Siedlungen in den 1967 im Sechstagekrieg eroberten Gebieten wurden als Verstoß gegen internationales Recht und als großes Hindernis für einen Frieden in Nahost bezeichnet. Knapp 600.000 Israelis wohnen in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland sowie in Ost-Jerusalem.

Kurz vor der Abstimmung des Likud-Zentralkomitees hatte Israel einer Vereinbarung mit der Europäischen Union zugestimmt, obwohl diese israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten ausschließt. Das Abkommen «Grenzübergreifende Mittelmeer-Kooperation» (ENI CBC Med) fördert regionale Innovationsprojekte von Ländern, die nicht EU-Mitglieder sind. Das Abkommen sei gegen den Widerstand von Kulturministerin Miri Regev (Likud) gebilligt worden, berichtete die Zeitung «Haaretz» am vergangenen Sonntag. Israel habe damit de facto dem Boykott von Siedlungen, den es sonst entschieden ablehnt, zugestimmt, schrieb das Blatt. (dpa)