Libyens Einheitsregierung will sich der von Haftar verkündeten Waffenruhe nicht anschließen

Die von der UNO anerkannte libysche Regierung hat eine von General Khalifa Haftar einseitig ausgerufene Waffenruhe während des islamischen Fastenmonats Ramadan zurückgewiesen. Sie traue dem General und seiner Ankündigung nicht, erklärte die Regierung von Fajes al-Sarradsch in Tripolis am Donnerstag unter Verweis auf frühere Verstöße gegen Feuerpausen. Die UN-Mission in Libyen erneuerte den Ruf nach einer Waffenruhe, um der Gefahr durch die Corona-Pandemie begegnen zu können.

Waffenruhen bräuchten "internationale Schutzvorkehrungen und - mechanismen", Haftars Ankündigung einer Feuerpause sei hingegen "eine Farce", erklärte Al-Sarradschs Regierung. "Wir haben einen machtbesessenen blutrünstigen Menschen vor uns", hieß es offenbar mit Blick auf Haftar. Die Einheitsregierung werde ihre "legitime Verteidigung" fortsetzen und gegen "jede Gefahr, wo sie auch besteht, vorgehen und gesetzlosen Gruppen ein Ende bereiten".

Haftar hatte zuvor einen Stopp seiner Militäroffensive auf die Hauptstadt Tripolis bis zum Ende des Ramadan angekündigt. Damit gehe er auf die Forderungen befreundeter Staaten ein, erklärte ein Sprecher des Generals in der ostlibyschen Stadt Bengasi. Wenn die Gegenseite gegen die Waffenruhe verstoße, würden Haftars Truppen aber "sehr schnell und unverzüglich" antworten.

Kurz nach Haftars Ankündigung waren in Tripolis erneut Explosionen zu hören, wie Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP aus der Hauptstadt berichteten. Im Libyen-Konflikt sind immer wieder Feuerpausen angekündigt worden, die dann nicht eingehalten wurden.

Die UNO, die EU und mehrere Staaten hatten vor einer Woche zu einer Waffenruhe in dem nordafrikanischen Land während des Ramadans aufgerufen. Der Fastenmonat hat in Libyen vor einer Woche Freitag begonnen.

Die UN-Unterstützungsmission für Libyen (UNSMIL) forderte aus einem anderen Grund am Donnerstag erneut eine Waffenruhe. Den Behörden solle damit die Möglichkeit gegeben werden, Libyen vor einer Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu schützen, erklärte die UN-Mission. Zugleich prangerte sie "fortgesetzte willkürliche Angriffe" und den Beschuss von Zivilisten an. Von Jahresbeginn bis Ende März dokumentierte die UN-Mission nach eigenen Angaben 64 getötete und 67 verletzte Zivilisten.

Seine Offensive gegen die von der UNO anerkannte Einheitsregierung in Tripolis hatte Haftar vor einem Jahr gestartet. Noch am Montag dieser Woche sagte der General in einer Fernsehansprache, er wolle die Offensive fortsetzen. Er verfüge über ein "Mandat des Volkes", um Libyen zu regieren. Auf welche Weise er dieses "Mandat" erlangt haben will, erläuterte Haftar nicht.

In Libyen herrscht seit dem gewaltsamen Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Chaos. Die Einheitsregierung ist schwach. Haftar kontrolliert einen Großteil des Ostens und Südens des Landes.

Bei einer internationalen Konferenz im Januar in Berlin waren Schritte zur Deeskalation in Libyen vereinbart worden. So verpflichteten sich die in den Konflikt verwickelten ausländischen Staaten, die Konfliktparteien nicht weiter zu unterstützen und das bestehende Waffenembargo einzuhalten. Es gelangen seither aber weiterhin Waffen ins Land, auch wird weiter gekämpft. (AFP)