Kritik an Ditib nach Berichten über Absage an "deutschen Islam" auf Konferenz

Nach Berichten über eine Konferenz der türkischen Religionsbehörde Diyanet und des Moscheeverbands Ditib in Köln mehrt sich Kritik an der Ditib und der Religionspolitik Ankaras. Politiker warnten vor Bestrebungen der türkischen Regierung, ihren Einfluss auf Moscheen in Deutschland weiter auszubauen. Während die Ditib einen Anspruch auf Erneuerung erhob, nannte der Grünen-Politiker Volker Beck dies im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochsausgabe) "einen Witz".

Über die Konferenz in der vergangenen Woche in Köln hatte zuerst der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet. Demnach sollen an dem Treffen auch Mitglieder von Organisationen teilgenommen haben, die der als islamistisch eingestuften Muslimbruderschaft nahe stehen. Berichten zufolge wurde einem "deutschen Islam" bei der Konferenz eine klare Absage erteilt.

Die türkisch-islamische Union Ditib forderte in einer Mitteilung anlässlich einer Vorstandsneuwahl am Montagabend in der anhaltenden Debatte über ihre Rolle eine "Deeskalation und Rückkehr zu Sachthemen". Der Moscheeverband wolle mit seinem neuen Vorstand "die seit nahezu drei Jahren andauernden Debatten entschärfen und einen Neuanfang starten".

"Bei diesen Schritten ist und wird die Diyanet, das Präsidium für Religion der Türkei, der Ditib als Quelle ihrer spirituellen, geistigen und religiösen Referenz auch weiterhin eine wichtige Stütze sein", hieß es in der dreiseitigen Erklärung.

Dagegen sagte Beck dem "Kölner Stadt-Anzeiger", von Neuorientierung und Aufarbeitung gebe es "keine Spur". Er verwies darauf, dass der Vizevorsitzende der Ditib zwischen 2014 und 2017 in Köln als Religionsattaché tätig gewesen sei. Damit sei die Übermittlung von Dossiers über Kritiker und Gegner des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, die von Ditib-Imamen zusammengestellt worden sein, in die Zuständigkeit des Ditib-Vizevorsitzenden gefallen.

Mit Blick auf die Kölner Konferenz sagte der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung" vom Mittwoch, der von den in Deutschland lebenden Muslimen praktizierte Islam müsse "die deutschen Werte achten". Die Verantwortlichen der Ditib-Konferenz in Köln hätten gut daran getan, "die deutschen Ansprechpartner zu beteiligen, die Öffentlichkeit zu informieren und sich klar von radikalen Gruppen abzugrenzen".

Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, ging auf Distanz. "Wir sehen die Einflussnahme aus Ankara kritisch", sagte er den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung". "Wir brauchen mehr Dialog zwischen Muslimen und staatlichen Institutionen in Deutschland und nicht weniger." Vertrauen könne sich nur entwickeln, "wenn die Ditib ihre Ziele in Deutschland transparent macht".

Die Grünen-Abgeordnete Ekin Deligöz vertrat in der "Augsburger Allgemeinen" vom Dienstag die Auffassung, eine Absage an einen pluralistischen, weltoffenen "deutschen Islam" schade der Integration der Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland. (AFP)