Krieg in Idlib - Syrien zwischen Weihnachtsfeiern und militärischen Offensiven

Weihnachten und Jahreswechsel in Syrien - das ist noch immer eine Angelegenheit mit gemischten Gefühlen. Aber auch in dem vom Krieg geschüttelten Land gibt es Momente voller Frieden.

Weihnachten und der Jahreswechsel werden in Syrien sehr unterschiedlich erlebt. Während in der nordwestsyrischen Provinz Idlib und im Nordosten des Landes die Kämpfe nicht ruhen und weite Teile des Landes mangels Strom im Dunkeln liegen, wetteifern im Rest des Landes Städte und Gemeinden darum, wer den prächtigsten Weihnachtsschmuck oder die schönste Krippe vorzuweisen hat.

Kinder werden vom Weihnachtsmann beschenkt und in Bab Touma, dem Thomastor in der Altstadt von Damaskus, drängen sich Jung und Alt, um sich mit den Liebsten vor buntgeschmückten Weihnachtsbäumen fotografieren zu lassen. Die Religionszugehörigkeit spielt dabei keine Rolle.

Die Gefühle der Syrer zum Jahreswechsel sind gemischt. Noch immer herrscht Krieg in der nordwestlichen Provinz Idlib. Aus Afrin wurden Anfang 2018 rund 250.000 syrische Kurden von der türkischen Armee vertrieben. Ihre Häuser, Gärten, Felder und Olivenhaine wurden von den islamistischen Kampfgruppen besetzt, die von der Türkei unterstützt werden. Auch Teile des Nordostens sind weiterhin von Spezialkräften der US-geführten Anti-IS-Koalition besetzt.

Während Franzosen und Briten entlang der syrisch-türkischen Grenze stationiert sind, haben sich 600 US-Soldaten mit Kämpfern der kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) und ausländischen Söldnern auf den Ölfeldern im Osten des Landes niedergelassen. Auch aus Deutschland soll sich eine Gruppe von etwa 50 "Beratern" in dem Gebiet aufhalten, berichten Reisende aus Rakka, die nach Damaskus kommen. Die Bundesregierung dementiert.

Auch General Aksam in Damaskus kennt die Berichte. Doch kann oder will der Medienoffizier der syrischen Streitkräfte sie nicht bestätigen. Für die Armee herrscht eine nicht enden wollende Ausnahmesituation. Die Truppen rücken in Idlib vor, um dort verbliebene islamistische Kampfverbände zur Aufgabe zu zwingen oder zu vertreiben, berichtet der Offizier, der von "Terroristen" spricht. Der im September 2018 vereinbarte Deeskalationsplan für Idlib sei gescheitert.

Die Kampfverbände sollten dort ihre Waffen niederlegen, und die syrische Armee ihrerseits sollte ihre Angriffe einstellen, um die Lage der Zivilbevölkerung zu verbessern und die politischen Forderungen der Oppositionellen zu verhandeln. Doch das Al Qaida-nahe "Bündnis für die Befreiung Syriens" (HTS, Hayat Tahrir al Sham) lehnte die Vereinbarung ab und bekämpfte alle, die sich daran halten wollten.

Die vereinbarte Pufferzone um Idlib wurde erneut zur Frontlinie, nachdem die Raketen- und Mörsergranatenangriffe auf die Ortschaften in der Provinz Hama und Latakia zunahmen, die von der syrischen Regierung kontrolliert werden. Immer wieder traf es dabei auch die Städte Mhardeh und Suqailabieh, deren Bewohner syrisch-orthodoxe Christen sind. Sie stehen fest an der Seite der Regierung, die im April - ein halbes Jahr nach der Deeskalationsvereinbarung - eine Offensive begann, bestätigt General Aksam. In diesem Jahr konnten die Christen in Mhardeh und Suqailabieh ein prächtiges Weihnachtsfest feiern.

In Idlib ist an ein Weihnachtsfest nicht zu denken, dem neuen Jahr sieht man mit Sorge entgegen. Die Menschen fliehen aus Angst vor der Offensive der syrischen Armee. Ihre Lage ist schwierig, bei Regen und Kälte gibt es nur unzureichende Notunterkünfte entlang der syrischen Grenze zur Türkei. Ankara will verhindern, dass erneut Menschen in die Türkei fliehen, und fordert ein Eingreifen Europas.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) verlangte kürzlich mit Blick auf die katastrophale humanitäre Lage in Idlib ein sofortiges Ende der Angriffe und eine dauerhafte Waffenruhe. Nach UN-Angaben sollen mehr als 235.000 Menschen vor der näherkommenden Frontlinie geflohen sein.

Die Bevölkerung will, dass die Kampfgruppen verschwinden, sagt Hussam M., der Verbindungen in das nordsyrische Sarakeb hat. "Aber sie haben auch Angst vor dem militärischen Vormarsch." Wenn die Kampfverbände sich zurückziehen, könnte durch türkische und russische Vermittlung vielleicht eine kampflose Übergabe der Stadt erreicht werden, hoffen die Menschen. Dann könnten sie bleiben. Für diejenigen, die Jahre lang verbal oder militärisch gegen die syrische Regierung agierten, wäre auch das keine Alternative. (KNA)