Khalifa Haftar - abtrünniger General auf dem Weg zu immer mehr Macht in Libyen

Seine Truppen sollen Libyens Hauptstadt Tripolis erobern, doch welches Ziel verfolgt ihr Befehlshaber Khalifa Haftar? Der 75-Jährige gilt als aggressiver Machtmensch, der im von jahrelanger Gewalt geplagten Libyen um immer mehr Einfluss ringt. Der abtrünnige General selbst hat sich den Kampf gegen den Islamismus auf die Fahnen geschrieben. Seine Kritiker werfen ihm vor, er plane eine neue Militärdiktatur.

Ein langjähriger Weggefährte von Muammar al-Gaddafi. Ein Mitglied der libyschen Opposition und mutmaßlicher CIA-Agent. Ein Kämpfer im Aufstand gegen Gaddafi. In der bewegten Geschichte Libyens hat Haftar schon eine ganze Reihe von Rollen eingenommen.

Er stammt aus der Provinz Cyrenaika im Osten des Landes. Der Berufsoffizier wurde in der ehemaligen Sowjetunion ausgebildet. 1969 war er am Militärputsch unter Gaddafi gegen König Idris beteiligt und setzte anschließend unter dem neuen Machthaber seine militärische Karriere fort.

Während Libyens Krieg gegen den Tschad (1978-1987) geriet Haftar in Gefangenschaft. Die libysche Führung ließ ihn fallen und behauptete, der General gehöre nicht ihrer Armee an. Unter ungeklärten Umständen wurde er von den USA befreit und lebte dort fast zwei Jahrzehnte im Exil. Seine Kritiker werfen ihm vor, in dieser Zeit für den Geheimdienst CIA gearbeitet zu haben.

Im März 2011 kehrte Haftar nach Libyen zurück, um sich am Aufstand gegen Gaddafi zu beteiligen. Der Nationale Übergangsrat, der politische Arm der Rebellion, ernannte ihn zum Chef der Bodentruppen. Von Anfang an aber genoss der Ex-General nicht das volle Vertrauen des Übergangsrats - sie hielten ihn für ehrgeizig und machtversessen und fürchteten, er strebe eine neue Militärdiktatur an, wie ein ehemaliges Ratsmitglied berichtete.

Seine Gegner teilt Haftar in zwei Gruppen ein: "Terroristen" und "Söldner". Im Jahr 2017 gelang es seinen Truppen, extremistische Milizen aus Bengasi zu vertreiben. Es war der Höhepunkt eines dreijährigen Einsatzes unter dem Namen "Operation Würde". Als Haftar Anfang 2018 für einen Krankenhausaufenthalt nach Paris flog, kursierten kurzfristig Gerüchte, er sei schwer krank oder sogar tot. Im April kehrte er dann aber nach Libyen zurück und vertrieb anschließend mit seiner Libyschen Nationalen Armee (LNA) auch alle Islamisten aus der Stadt Derna.

Im Januar gelang es Haftars Truppen dann, bei einem erfolgreichen Feldzug im Süden des Landes ein wichtiges Ölfeld zu erobern. Seit Anfang April rücken Haftars LNA-Truppen nun auf die Hauptstadt Tripolis vor. Dort hat die von den Vereinten Nationen unterstützte Regierung der Nationalen Einheit unter Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch ihren Sitz. Sie wird von Haftar und seinen Anhängern nicht anerkannt.

Kritikern zufolge verdankt Haftar seinen militärischen Erfolg der heimlichen Unterstützung durch eine ganze Reihe von Ländern. Zu ihnen sollen die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Frankreich sowie in jüngerer Zeit auch Saudi-Arabien gehören. 2016 waren beim Absturz eines Hubschraubers in Libyen drei französische Soldaten ums Leben gekommen. Sie sollten geheimdienstliche Erkenntnisse zur Unterstützung Haftars sammeln. Die Regierung in Tripolis sprach damals von einer Verletzung der libyschen Souveränität. (AFP)