Kein Einlenken im neuen Streit in der Asylpolitik

Die CSU will Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen. Kanzlerin Merkel lehnt das ab und beharrt darauf, europaweite Regelungen zu finden.

Im neuen Streit zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der CSU in der Flüchtlingspolitik zeichnet sich auf beiden Seiten kein Entgegenkommen ab. Am Dienstag beharrte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf der von seiner Partei geforderten Möglichkeit zur Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze.

Das sei ein wesentlicher Bestandteil des «Masterplans Migration», sagte er am Dienstag in Berlin. Es solle dazu beitragen, dass sich eine Situation wie 2015 nicht wiederhole, sagte er. Merkel, die Zurückweisungen ablehnt, hielt ebenso an ihrer Linie fest. Das große Thema der illegalen Migration müsse europa-einheitlich beantwortet werden.

Veränderungen müssten gemeinsam stattfinden, sagte Merkel am Dienstagabend nach einem Treffen mit dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Sie wandte sich erneut gegen einseitig nationale Maßnahmen. «Was wir nicht machen sollten, ist aus meiner Sicht wenigen Ländern, bei denen dann die Flüchtlinge ankommen, die gesamte Verantwortung zuzuschieben», sagte die deutsche Kanzlerin.

Nach den Plänen der CSU sollen Flüchtlinge, die über das System Eurodac bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden, an der deutschen Grenze künftig abgewiesen werden. Dieser eine von insgesamt 63 Punkten aus dem geplanten «Masterplan Migration» von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat einen alten Streit mit Merkel über Grundsätze der deutschen Flüchtlingspolitik neu entfacht. Seehofer wollte sein Maßnahmenpaket eigentlich am Dienstag präsentieren. Das wurde aufgrund des Streits am Montag abgesagt.

Vertreter des Koalitionspartners SPD stärkten am Dienstag Merkel den Rücken. «Es wäre fatal, wenn wir die Fehler aus dem Herbst 2015 wiederholten und die Lösung des Problems wieder nur einigen wenigen Staaten überlassen und diese damit überfordern», sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt äußerte sich unterdessen überzeugt, dass auch Teile der CDU hinter Seehofers Forderung nach einer Zurückweisung an der Grenze stehen.

Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, Michael Kretschmer und Reiner Haseloff (CDU), signalisierten in der «Welt» (online) Unterstützung für Seehofer. «Natürlich müssen die Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland keine Chance haben auf Asyl, an der Grenze wieder zurückgewiesen werden», sagte Kretschmer. Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke lehnte das dagegen ab. Das würde den Beginn vom Ende der EU-Freizügigkeit markieren, sagte sie.

Die Frage der Zurückweisung an der Grenze ist ein zentraler Streitpunkt in der Flüchtlingspolitik, der letztlich auch an die Obergrenzen-Debatte erinnert. Die Forderung der CSU nach einer starren Grenze führte zwangsläufig zu der Frage, was mit Flüchtlingen oberhalb dieser Zahl an der Grenze passieren soll. Die Unionsparteien fanden nach langem Streit einen Kompromiss. Im Koalitionsvertrag mit der SPD heißt es, dass die Zahl der Zuwanderer pro Jahr die Spanne von 180.000 und 220.000 nicht übersteigen soll. Bis Ende April kamen im laufenden Jahr erst rund 55.000 neue Flüchtlinge nach Deutschland. (epd)