Kardinal in Olivenöl - Rafik Schami schreibt neuen Roman

Was haben Syrien und Italien gemeinsam? Mehr als man denken würde, merken Kommissar Barudi und sein italienischer Kollege. Bei ihren Ermittlungen bekommen die beiden es mit Wunderheilern, Kardinälen und Islamisten zu tun. Von Dan von Medem

Ein ermordeter Kardinal wird in der italienischen Botschaft von Damaskus abgegeben. In einem Fass, eingelegt in Olivenöl. Stecken Islamisten dahinter? Oder konkurrierende Geistliche? Was hatte der Kirchenmann überhaupt in Syrien zu suchen?

Rafik Schami nimmt die Leser in seinem neuen Roman «Die geheime Mission des Kardinals» mit in das Syrien am Vorabend des Bürgerkriegs. Kommissar Barudi muss sich bei seinem letzten Fall vor der Pensionierung mit allerlei Hindernissen herumschlagen.

Verstrickungen von Geistlichen, Politikern sowie der allgegenwärtige Geheimdienst bringen seine Ermittlungen immer wieder in Gefahr. Um in dieser delikaten Angelegenheit keine syrisch-italienischen Verstimmungen zu entfachen, wird dem Ermittler mit Kommissar Mancini ein Kollege aus Rom zur Seite gestellt. Die beiden Single-Polizisten verstehen sich auf Anhieb blendend. Beim Verzehr von unzähligen Falafel fällt ihnen auf, wie ähnlich sich ihre Länder in Bezug auf korrupte Politiker oder mafiöse Strukturen sind.

In amüsanten Dialogen beschreibt Rafik Schami die verschiedenen Ausprägungen des (Aber-)Glaubens in Italien und Syrien. Kirchen in Europa, die die Vorhaut Jesu Christi als Reliquie verehren. Syrische Wunderheiler, die mit Taschenspielertricks Heiligenbilder weinen lassen. Der ermordete Geistliche wurde vom Vatikan nach Syrien entsandt, um die Heiligsprechung einiger dieser Heiler zu prüfen.

«Die geheime Mission des Kardinals» zeichnet ein detailliertes Bild der syrischen Gesellschaft. Neben allerlei kulinarischen Beschreibungen - Falafel, Kaffee mit Kardamon, Tabbuleh - werden auch Moralvorstellungen, politische und religiöse Konflikte behandelt.

Immer wieder schimpft Kommissar Barudi auf den Diktator und dessen System von Spitzeln, Überwachung und Einschüchterung. Der Name Assad fällt allerdings kein einziges Mal im Buch. Zur Klärung des Falles müssen die beiden Polizisten sogar auf die Hilfe von islamistischen Rebellen zurückgreifen, die die Gegend kontrollieren, wo der Kardinal zuletzt gesehen wurde.

Zugute kommt ihnen, dass einer der IS-Kämpfer ein alter Bekannter ist. Da Kommissar Barudi selbst seinem Vorgesetzten misstraut, werden die Ergebnisse der Ermittlungen als Kopie bei der italienischen Botschaft deponiert.

Das Buch weist nahezu alle Merkmale eines Krimis auf. Rafik Schami versteht es jedoch als «einen kriminalistisch grundierten Gesellschaftsroman». Neben der Handlung finden auch die für ihn typischen abschweifenden Geschichten und Lebensweisheiten ihren Platz. Schami stammt aus Syrien und lebt seit 1971 in Deutschland. Immer wieder erzählt er in seinen Büchern Geschichten aus seiner Heimat.

Bei Lesungen des Autors sucht man aufgeschlagene Bücher vergeblich. Zwei Stunden lang gelingt es Schami mit seiner frei vorgetragenen Erzählkunst, die Zuhörer mit Geschichten zu fesseln, zu amüsieren und zum Nachdenken zu bringen. Damit gleicht er dem Friseur Burhan aus seinem Roman. Der gilt als schlechtester Coiffeur von Damaskus, wenn nicht ganz Syriens.

Trotzdem ist sein Salon immer prall gefüllt. Das kommt daher, dass Burhan, während er die Kunden mit Schere und Messer malträtiert, die schönsten und spannendsten Geschichten erzählt. So verlassen die Menschen seinen Laden zwar mit unmöglichen Frisuren und Kratzern im Gesicht, aber auch mit einem seligen Lächeln. (dpa)