Jude und Muslim werben für mehr Solidarität

Der Islamwissenschaftler Fatih Ünal wirbt für mehr Solidarität und Vertrauen zwischen Juden und Muslimen. "Gerade jetzt wäre doch der Moment, solidarisch zu sein, denn Antisemitismus und Islamophobie gehen letztlich Hand in Hand", sagte Ünal im Interview der "Welt" (Samstag). Vielleicht helfe es aber auch schon, wenn sichtbarer würde, dass es auch Muslime gebe, die sich deutlich gegen Judenfeindlichkeit positionierten.

Ünal äußerte sich zu dem Projekt "Schalom Aleikum. Jüdisch-muslimischer Dialog" des Zentralrats der Juden, das Anfang Juli mit einem Austausch jüdischer und muslimischer Jungunternehmer und Startup-Gründer in Berlin begonnen hatte.

In den muslimischen Gemeinschaften gebe es "ohne Zweifel eine hohe Empfänglichkeit für judenfeindliche Einstellungen", sagte Ünal. Er empfinde das als sehr problematisch. Wenn er dies selbst ausspreche, könne das mitunter eine Signalwirkung haben, weil solche Äußerungen von eher unerwarteter Seite kämen - "und nicht aus ritualisierten Diskussionsstrukturen, bei denen keiner mehr so recht hinhört".

Religion werde dann zu einem Problem, wenn Menschen damit Hass und Gewaltbereitschaft begründeten. Ünal sagte zugleich, dass es im Islam durchaus "aufklärerische Tendenzen" gebe. Es sei nicht so, dass er grundsätzlich mit Aufklärung und Humanismus unvereinbar wäre.

Der Unternehmer Boris Moshkovits, der ebenfalls an dem Auftakt von "Schalom Aleikum" teilgenommen hatte, sagte, dass in jüdischen Gemeinden eine "große Furcht vor der wachsenden Präsenz des Islam" herrsche. Ausgelöst worden sei sie "durch das Bild des Islam als einer terrorfördernden und menschenverachtenden Kraft, das er vielfach abgibt". Dagegen stehe in den Gemeinden eine große Gruppe von Gläubigen, die den Dialog und die Vermittlung suche, weil sowohl Juden als auch Muslimen eine "gemeinsame Rolle als Minderheit" in Deutschland zukomme. Auch Diskriminierung von Muslimen müsse entgegengetreten werden. (KNA)