Journalistenverbände verurteilen Stürmung von türkischem Medienhaus

Journalistenverbände haben gegen das Vorgehen der türkischen Behörden gegen ein regierungskritisches Medienhaus protestiert. Medienberichten zufolge stürmten Polizeieinheiten mit Tränengas und Wasserwerfern am Mittwoch die Räume der Sender Kanaltürk und Bugün TV in Istanbul und verhafteten eine bislang unbekannte Zahl von Journalisten. «Reporter ohne Grenzen» und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) verurteilten die Stürmung.

«Das Regime Erdogan will wenige Tage vor den Parlamentswahlen in der Türkei die letzten kritischen Journalisten in dem Land mundtot machen», sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. Das Vorgehen zeige, dass Journalisten wie Schwerverbrecher behandelt würden. Der Geschäftsführer der deutschen Sektion von «Reporter ohne Grenzen», Christian Mihr, bezeichnete die Vorgänge als «inakzeptable Grenzüberschreitung». «Präsident Erdogan muss endlich die Kritik akzeptieren, die mit einem öffentlichen Amt verbunden ist», betonte er.

Kanaltürk und Bugün TV gehören wie auch die Tageszeitungen «Bugün» und «Millet» zum Koza-Ipek-Konzern, der den Angaben zufolge bereits am Montag von der Justiz unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt wurde. Die türkischen Behörden werfen dem Unternehmen Terrorfinanzierung und Propaganda vor. Der Konzern wird dem Umfeld der Gülen-Bewegung zugerechnet. Der in den USA im Exil lebende Prediger Fethullah Gülen gilt als Gegner von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.

Laut «Reporter ohne Grenzen» stellt die Stürmung der Redaktionsräume den bisherigen Höhepunkt einer Repressionswelle gegen regierungskritische Medien dar. In den vergangenen Wochen seien Redaktionshäuser überfallen, ausländische Reporter verhaftet und kritische Verlage mit Verleumdungsprozessen überzogen worden. Neben Koza-Ipek seien auch die Medien der Dogan-Gruppe, dem größten Medienkonzern des Landes, immer wieder Ziel von Angriffen gewesen.

In der Türkei wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Es ist bereits die zweite Wahl in diesem Jahr. Bei der Wahl im Juni verfehlte Erdogans AKP die absolute Mehrheit. Weil in der Folge keine Regierungskoalition zustande kam, löste Erdogan das Parlament im August vorzeitig auf. (epd)

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