Islamwissenschaftler für kritische Selbstreflexion des Koran

In Deutschland lehrende Islamwissenschaftler haben dafür plädiert, den Islam einer kritischen theologischen Selbstreflexion zu unterziehen. Eine Religion, die keine Akademisierung erfahre, habe keine Zukunft, erklärte Armina Omerika, Juniorprofessorin für Ideengeschichte des Islam an der Universität Frankfurt am Main, am Donnerstagabend in München. Auch ihr Kollege Abdel-Hakim Ourghi vom Institut für Islamische Religionspädagogik der Pädagogischen Hochschule Freiburg sprach sich dafür aus, mit kritischer Vernunft im westlichen Kontext eine neue Interpretation anzugehen. 

Omerika ergänzte, dass die Muslime zumeist ein sehr idealisiertes Bild ihrer eigenen Religionsgeschichte hätten. Doch die Denkkategorien der Vergangenheit seien heute nicht mehr gültig. Ihre Studenten erlebe sie als sehr zukunftsorientiert. Diese diskutierten, welchen Islam sie wollten, und das sei nicht unbedingt der ihrer Eltern oder Großeltern. Vielmehr gingen sie daran, die Glaubensgrundlagen zu hinterfragen.

Ourghi machte sich stark für einen "liberalen Islam". Nur ein solcher gehöre auch zu Deutschland. Probleme müssten benannt und besprochen werden. Dabei forderte er einen "Stopp der Import-Imame". In Deutschland müsse deutsch gepredigt werden, auch sollte die Ausbildung hierzulande stattfinden. Kritisch äußerte er sich auch zur Kategorie der "Selfmade-Imame", die in vielen, meist arabischen Moscheen zu finden seien. Hier finde eine Vorstufe zur Radikalisierung statt. Dabei gab er zu bedenken: "Immer wenn der Islam politisch wird, fließt Blut."

Große islamische Dachverbände hält der Wissenschaftler für unnötig. Oft seien deren Vertreter dem Land gegenüber, in dem sie lebten, nicht loyal. Zudem behinderten sie mit ihren Lehren die Integration "unserer Kinder" in Deutschland. Omerika stimmte ihm zu, doch verwies sie darauf, dass den Muslimen die religiöse Infrastruktur der beiden großen Kirche fehle, um diese Aufgaben zu bezahlen. Auch dafür hatte Ourghi eine Lösung. "Wir brauchen eine Moschee-Steuer", sagte er. Eine solche Abgabe lasse sich auch theologisch begründen. 

Die Veranstaltung mit dem Titel "Islam in Europa" fand in Kooperation der Katholischen Akademie Bayern mit dem katholischen Osteuropahilfswerk Renovabis statt. (KNA)